Der „kleine General“ soll Stuttgart wiederbeleben

Stuttgart · Jos Luhukay gilt als Experte, wenn es um den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga geht. Mit Borussia Mönchengladbach, dem FC Augsburg und Hertha BSC hat er dieses Kunststück schon geschafft – in der kommenden Saison soll es mit dem VfB Stuttgart klappen.

In Berlin nannten sie Jos Luhukay den "kleinen General", böswillige Zeitgenossen sahen in dem Trainer von Hertha BSC sogar einen Diktator. "Diktator ist Blödsinn", wehrte sich der Niederländer - doch ein großer Freund antiautoritärer Erziehung scheint Luhukay nicht zu sein. Seine Wutausbrüche sind legendär. Aus Sicht der Anhänger des abgestürzten VfB Stuttgart passt er damit bestens nach Schwaben. Der eine oder andere Spieler, der den Bundesliga-Abstieg mitzuverantworten hat, brauche einen ordentlichen Tritt in den Allerwertesten, meinen viele.

Luhukay gilt als Experte für gefallene Traditionsklubs. Er kehrte als Co-Trainer mit dem 1. FC Köln (2003) in die Bundesliga zurück und saß bei den Aufstiegen von Borussia Mönchengladbach (2008), dem FC Augsburg (2011) und Hertha BSC (2013) als Hauptverantwortlicher auf der Bank. Im persönlichen Gespräch wirkt der Mann mit dem markanten Oberlippenbärtchen meist ruhig und nachdenklich. Aber wehe, wenn er explodiert. Er wolle "mitreißen, sagte Luhukay einmal, "manchmal ist die Art hart, aber immer ehrlich". Seine Emotionen setze er nach Bauchgefühl ein. "Ich will den Spielern etwas beibringen. Und es sollen alle hören." Persönlich gemeint sei das aber nie.

Das Motto des 52 Jahre alten Fußballlehrers lautet "Fördern und fordern". Bei der Hertha hat er es mit dem Fordern zuletzt übertrieben. Luhukay kritisierte seine Profis, auch die jungen, nach Fehlern öffentlich. Bei seinem Abschied im Februar 2015 wirkten viele ausgebrannt. Sein Nachfolger Pal Dardai führte Berlin von Platz 17 bis in den Europapokal. Mangelnden Arbeitseifer hat ihm bei der Hertha aber niemand vorgeworfen. "Ich glaube, von mir selber behaupten zu können, dass ich sehr akribisch bin", sagte Luhukay über seine Arbeitsauffassung, "wenn ich nicht gut vorbereitet bin, ist es die Mannschaft auch nicht."

Eifer und Disziplin - mit diesen deutschen Tugenden hat sich der Sohn eines molukkischen Einwanderers in den Niederlanden behauptet. Dort hat er auch gelernt, sich abzugrenzen. In Berlin ließ er sich täglich den Pressespiegel mailen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Sein oft bescheidenes Auftreten in der Öffentlichkeit sah er nicht als Widerspruch. "Ich muss nicht so viel haben, um mich wohl zu fühlen", sagte er zu seiner monatelange Verweildauer in einem Hotel fernab von seiner Ehefrau, "meine ganze Energie geht ohnehin für den Fußball drauf." Das soll in Stuttgart nicht anders sein.