Der Kapitän als Talisman

Kiew. Er ist das Gesicht des ukrainischen Fußballs, der Werbeträger des Co-Gastgebers der Europameisterschaft 2012. Doch wenn er sich in diesen Tagen präsentiert, hinterlässt Andrej Schewtschenko, einst einer der gefährlichsten Stürmer der Welt, einen nachdenklichen Eindruck. Jahrelang hat er für diesen letzten Traum geschuftet, seine Karriere trotz Rückenbeschwerden verlängert

 Andrej Schewtschenko war einer der besten Stürmer der Welt. Doch der 35-Jährige ist in die Jahre gekommen. Foto: Feichter/dpa

Andrej Schewtschenko war einer der besten Stürmer der Welt. Doch der 35-Jährige ist in die Jahre gekommen. Foto: Feichter/dpa

Kiew. Er ist das Gesicht des ukrainischen Fußballs, der Werbeträger des Co-Gastgebers der Europameisterschaft 2012. Doch wenn er sich in diesen Tagen präsentiert, hinterlässt Andrej Schewtschenko, einst einer der gefährlichsten Stürmer der Welt, einen nachdenklichen Eindruck. Jahrelang hat er für diesen letzten Traum geschuftet, seine Karriere trotz Rückenbeschwerden verlängert. Doch jetzt, vor dem Auftaktspiel der Ukraine am Montag gegen Schweden (20.45 Uhr), scheinen beim 35-Jährigen Zweifel aufzukommen. Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit seiner Mannschaft, Zweifel an der eigenen Verfassung."Wenn ich nicht fit bin, will ich auch nicht spielen", sagt Schewtschenko. Doch Europas Fußballer des Jahres 2004 ist nur noch ein Schatten vergangener Tage, als er von den besten Verteidigern der Welt gefürchtet wurde. "Schewagol" war sein Spitzname, weil er Tore wie am Fließband produzierte. 175 waren es beim AC Mailand. Für die Nationalelf traf er 46 Mal, so oft wie kein anderer vor ihm. Doch die Tore sind seltener geworden, und sein Heldenstatus im Land nimmt ab. Längst ist in Kiew und andernorts die Diskussion entbrannt, ob Schewtschenko noch helfen kann. "Namen und Reputation entscheiden im Fußball nicht über Siege. Wenn sie es täten, könnte ich jetzt noch spielen", sagt Nationaltrainer Oleg Blochin, früher selbst ein Weltklasse-Spieler. Gut möglich, dass Schewtschenko eher als Talisman an der Seitenlinie fungiert. Beim missglückten Test gegen die Türkei (0:2) wurde er nur eingewechselt.

Schewtschenko als beleidigte Diva wird es aber nicht geben. "Das ganze Land erwartet erfolgreiche Spiele. Ich bin Kapitän der Mannschaft. Meine Rolle ist es, das Team zusammenzuhalten und zu motivieren", sagt Schewtschenko: "In den vergangenen fünf Jahren habe ich kaum an etwas anderes gedacht als die EM. Ich träume davon, mein Team ins Finale zu führen." Am 1. Juli findet im Olympiastadion in Kiew das Finale statt. An jenem Ort, wo für ihn alles begann. Mit neun Jahren wechselte er zu Dynamo Kiew. Mit seiner Dynamik, seiner beidfüßigen Schusskraft, seiner Schnelligkeit und seinem Instinkt für die richtige Situation entwickelte sich Schewtschenko zu einem der weltbesten Stürmer.

1999 zog es ihn nach Mailand, wo er sieben Jahre blieb und zur Krönung 2003 mit dem AC die Champions League gewann. Nach seinem Wechsel in die Premier League zum FC Chelsea für 50 Millionen Ablöse verglühte sein Stern immer mehr. Die letzten Jahre bei Dynamo Kiew waren fast nur noch der Vorbereitung auf die EM geschuldet. Nach der EM ist Schluss in der Nationalelf. "Ob ich weiter Fußball spiele, habe ich noch nicht entschieden", sagt Schewtschenko. Womöglich wird er noch ein, zwei Jahre in der Major League Soccer in den USA dranhängen. dapd

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