Fußball Der Iran feiert den „Dscheneral Almani“

Teheran · Winfried Schäfer ist in Teheran beliebt wie kein anderer deutscher Fußballtrainer vor ihm. Der 68-Jährige will bleiben.

Im und vor dem Stadion warten die Fans von Esteghlal Teheran manchmal stundenlang, um nach dem Training Selfies mit Agha (Herr) Schäfer machen zu können. Für sie ist Winfried Schäfer der „Dscheneral Almani“, der „deutsche General“. Die Begeisterung ist groß – kein Wunder. Denn innerhalb von weniger als acht Monaten hat er aus dem abstiegsbedrohten Traditionsverein einen Champions-League-Anwärter in Asien gemacht. „Den Schäfer hat uns Gott geschickt“, sagt ein Fan.

In der Tat übernahm der 68 Jahre alte deutsche Fußballtrainer im vergangenen Jahr eine Mannschaft, die völlig verunsichert am Boden lag. Der neben Persepolis Teheran beliebteste Verein im Iran – wegen der blauen Trikots oft verglichen mit dem FC Schalke 04 – war in den Tabellenkeller gerutscht und zur Lachnummer der Liga geworden.

„Vom Selbstbewusstsein her waren die meisten Spieler damals krankenhausreif“, sagt Schäfer rückblickend. Schritt für Schritt konnte er das Team aber wieder aufbauen. Jetzt ist Esteghlal wieder unter den ersten Drei der Liga, Spitzenreiter in seiner asiatischen Champions-League-Gruppe und im Pokalfinale. „Die Mannschaft brauchte deutsche Disziplin, um wieder erfolgreich zu werden und Selbstvertrauen zu tanken“, sagt der langjährige Bundesliga-Trainer des Karlsruher SC und des VfB Stuttgart.

Der Höhepunkt seiner noch kurzen Zeit in Teheran war der Derby-Sieg gegen den Erzrivalen Persepolis. Vor 90 000 Zuschauern im Stadion und Millionen Fans vor den Fernsehgeräten gewann er mit 1:0. Nach dem Match wurde er auf den Schultern seiner Spieler durch das Asadi Stadion getragen und von den Fans frenetisch gefeiert. „Der deutsche General hat es gerichtet“, schrieb der Sportdienst Varzesh3. Spätestens seit diesem Spiel ist Schäfer der Liebling der Fans.

„Esteghlal ist für mich mehr als nur ein Fußballjob. Es ist zu einer Herzensangelegenheit geworden“, beschreibt er seine Beziehung zum Club. Das Team ist zu seinem „Baby“ geworden, das er weiter aufziehen will. Daher will er auch die Nachwuchsarbeit im Club fördern. Anstatt teure Spieler zu kaufen, will er langfristig eigene Talente ins A-Team holen. Schon jetzt hat Esteghlal sieben Nationalspieler, vier sind direkt von Schäfer ausgebildet worden.

Auch den Iran, der international immer in der Kritik steht, hat er ins Herz geschlossen. „Einige Berichte über den Iran sind falsch, manche von ihnen sogar gelogen“, behauptet Schäfer. Das Land sei sicher und die Iraner ein sehr freundliches Volk. Auch das persische Essen liebe er: „Aber manchmal vermisse ich schon die Bratwurst und das knackige Brötchen dazu.“

Schäfer hat sich seit der Jahrtausendwende zu einem Weltenbummler entwickelt; er war in Kamerun, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Aserbaidschan, Thailand und Jamaika tätig. Zu der politischen Lage und den Menschrechtsverletzungen im Iran äußert er sich nicht. Aber wegen des Kopftuchzwangs im Land weigern sich seine Frau und Tochter, in den Iran zu kommen. „Mein Sohn Sascha ist zwar bei mir, aber ich vermisse meine Frau und Tochter“, sagt Schäfer. Die trifft er dann in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Nachbarland ist auch islamisch, aber dort gibt es keinen Kopftuchzwang.

Schäfer würde gerne im Iran blieben. Club, Spieler und Fans wollen das auch. Nach seinen Erfolgen fordert er eine Gehaltserhöhung. Aber: Esteghlal ist ein staatlicher Club, sein Budget muss vom Sportministerium genehmigt werden. Daher laufen hitzige Diskussionen um die Vertragsverlängerung. Schäfer ist aber „zuversichtlich, dass es klappt“.

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