Der Hass der Ultras täuscht

Leipzig · RB Leipzig gilt als Rotes Tuch. Doch die Mehrheit der Fans scheint sich inzwischen mit dem Emporkömmling angefreundet zu haben.

In Dortmund schlug RB Leipzig der blanke Hass entgegen, doch für die deutliche Mehrheit der deutschen Fußballfans ist das Projekt gar kein Feindbild. Neueste Studien belegen, dass Akzeptanz und Sympathiewert des ambitionierten Emporkömmlings steigen. Das sportlich erfolgreiche Abschneiden, aber auch die etwas andere Art der Fankultur scheinen hierfür die Gründe zu sein.

"Es wird anerkannt, dass in Leipzig erfrischender Fußball gespielt wird und sie dort Fans haben, die sich zu benehmen wissen. Diese Faktoren können das Bild, dass da ein Milliardär aus Österreich kommt und mit seinem Geld zu Werbezwecken einen Club ins Leben ruft, durchaus positiv ändern", sagt der renommierte Fanforscher Gunter A. Pilz.

Mittlerweile sehen drei Viertel der Fußballfans in RB Leipzig sogar eine Bereicherung für die Bundesliga. Auf eine entsprechende Frage in einer Umfrage des Marktforschungsunternehmen SLC Management GmbH antworteten 75,3 Prozent mit "Ja". Befragt wurden 5950 Fans der Vereine in Deutschlands einzig repräsentativem Bundesliga-Panel mit registrierten Teilnehmern aller Clubs.

"Als Ergebnis ist festzuhalten, dass das Meinungsbild zu RB Leipzig weitaus positiver ist, als es von einer Randgruppe sogenannter Fans öffentlichkeitswirksam dargestellt wird", heißt es in der Studie. Sogar 94,5 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass in Leipzig gute Arbeit geleistet werde. RB überzeugt nicht nur in der Bundesliga mit dem von Sportdirektor Ralf Rangnick und Trainer Ralph Hasenhüttl eingeschlagenen Weg, sondern setzt auch mit seinem Nachwuchsleistungszentrum bundesweit Maßstäbe.

"Auch unter den Ultras gibt es nicht wenige, die das anerkennen", sagt Pilz: "Aber es wird immer auch solche geben, die in ihrem Kampf gegen die Kommerzialisierung an RB als Feindbild festhalten." Deshalb könne es trotz allgemein gestiegener Sympathiewerte immer wieder zu aufsehenerregenden Protestaktionen gegen den Retorten-Club kommen.

Der Protest kann den Aufstieg von RB aber offenbar nur schwerlich aufhalten. Beim Forschungs- und Beratungsunternehmen Nielsen Sport landete RB (3,9 Prozent) in einer Umfrage unter 1000 Fußballinteressierten auf Platz sieben der beliebtesten Vereine in Deutschland - noch vor Traditions-Clubs wie dem 1. FC Köln (3,6), Eintracht Frankfurt (3,3) und Hertha BSC (2,7). Die Fanszene des erst 2009 gegründeten Clubs ist die mit Abstand jüngste in der Bundesliga und wurde in der Vergangenheit oft belächelt. Doch mit ihrer Banner-Aktion im Heimspiel gegen den Hamburger SV, bei der sich die Anhänger für eine gewaltfreie und familienorientierte Fankultur stark machten ("Lieber vom tollen Sport besessen als von Hass und Neid zerfressen"), trafen sie den Nerv vieler Menschen.

"Die Gründerfans, die von Anfang an dabei sind, haben sich auf die Fahnen geschrieben, dass wir gewaltfrei bleiben, Rassismus und Homophobie nicht in unsere Kurve haben wollen", schrieb RB-Fanbeauftragter Enrico Hommel in dem Buch "Aufstieg ohne Grenzen". Der Titel ist durchaus Motto des Vereins. Und das überzeugt weit mehr Fans als gedacht.

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