Thomas Tuchel Der große Analytiker trifft auf viele Egoismen

Paris · Thomas Tuchel wird neuer Trainer von Paris St. Germain. Er soll die Franzosen endlich zum Champions-League-Sieg führen.

 Thomas Tuchel begann seine Trainer-Karriere in Mainz und startete dann in Dortmund richtig durch. Jetzt soll er mit PSG Europa aufmischen.

Thomas Tuchel begann seine Trainer-Karriere in Mainz und startete dann in Dortmund richtig durch. Jetzt soll er mit PSG Europa aufmischen.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Thomas Tuchel lässt sich endgültig auf eine Liaison mit Paris St. Germain ein: Der ehemalige Trainer von Borussia Dortmund und des FSV Mainz 05 übernimmt mit dem französischen Meister einen der ambitioniertesten Klubs in Europas Topligen und wird künftig unter anderem neuer Chef von 222-Millionen-Mann Neymar sowie der deutschen Nationalspieler Julian Draxler und Kevin Trapp. Das gab der Verein gestern bekannt. Er komme mit „viel Freude, Stolz und Ehrgeiz“ zu „diesem großen Club des Weltfußballs“, sagte Tuchel in einer PSG-Mitteilung am Montag. „Ich bin ungeduldig, mit all diesen großen Spielern zu arbeiten, die zu den besten des Planeten gehören.“ Er und sein Team würden alles dafür tun, die Grenzen von PSG zu verschieben, „bis zum höchsten internationalen Niveau“. PSG strebt seit langem einen Erfolg in der Champions League an, bislang erfolglos.

Tuchel, der als großer Taktiker und Analytiker gilt, tritt die Nachfolge des Spaniers Unai Emery an und unterschrieb einen Zweijahresvertrag. Der 46-Jährige Emery führte Paris in zwei Jahren zu fünf nationalen Titeln, in der Champions League aber scheiterte Paris zweimal frühzeitig im Achtelfinale. Ähnlich groß wird der Erfolgsdruck für den deutschen Fußballlehrer sein, denn der mit Millionen-Summen aus Katar alimentierte Klub kennt nur ein Ziel: den Triumph in der Königsklasse.

Am Geld soll das Unterfangen nicht scheitern. 2017 lockte Präsident Nasser Al-Khelaifi den brasilianischen Superstar Neymar nach Paris. Die Ausstiegsklausel von 222 Millionen Euro, die Neymar in seinem Vertrag beim FC Barcelona verankert hatte, erwies sich nur als geringe Hürde. Doch trotz schwindelerregender Investitionen in neues Spielermaterial präsentierte sich Paris auf der großen Bühne bislang schwach bis naiv. In der vergangenen Saison scheiterte Paris trotz eines 4:0-Vorsprungs aus dem Hinspiel im Achtelfinale der Champions League an Barcelona (1:6). Ein Jahr später war gegen Real Madrid ebenfalls bereits in der ersten K.o.-Runde Endstation.

Emery, der vor seinem Engagement bei Paris dreimal in Folge die Europa League mit dem FC Sevilla gewonnen hatte, blieb den Nachweis schuldig, eine Gruppe von Individualisten auf höchstem Niveau zu einer Einheit formen zu können. Stattdessen gab es interne Streitereien, Neymar und Stürmer Edinson Cavani gerieten aufgrund der Ausführung eines Elfmeters sogar handfest aneinander.

Nun darf sich Tuchel an dieser Aufgabe versuchen. Für den 44-Jährigen, der trotz des DFB-Pokalsiegs 2017 beim BVB gehen musste, ist Paris die erste Trainerstation im Ausland. Lange galt er als Kandidat als Nachfolger von Jupp Heynckes bei Bayern München, weil der Rekordmeister aber zu lange zögerte, gab Tuchel schließlich Paris sein Wort. In München hatte man offenbar Zweifel an der sozialen Kompetenz des Fußballlehrers.

Fachlich genießt Tuchel international einen hervorragenden Ruf. Mit Pep Guardiola traf sich Tuchel zu gemeinsamen Bundesliga-Zeiten abends in Restaurants und diskutierte über taktische Inhalte. Zudem verfügt Tuchel auch über Champions-League-Erfahrung. Er gilt als Perfektionist, sucht immer wieder nach Ansätzen, seine Spieler und sein Team besser machen zu können. Ob und wie er es allerdings schaffen wird, die zahlreichen Egoismen in der Pariser Mannschaft in ein erfolgreiches Kollektiv zu verwandeln, bleibt abzuwarten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort