Der "Fanflüsterer" geht in Rente

Saarbrücken. "Wer Fußball sehen möchte, setzt sich auf die Tribüne. Wer ihn erleben möchte, der steht in der Kurve" - der Satz stammt überraschenderweise nicht von einem Ultra-Fan. Gesagt hat ihn Peter Becker, der Polizeichef der Landeshauptstadt Saarbrücken

 Peter Becker, Chef der Saarbrücker Polizei, war sich für keine Diskussion zu schade. Foto: Dietze

Peter Becker, Chef der Saarbrücker Polizei, war sich für keine Diskussion zu schade. Foto: Dietze

Saarbrücken. "Wer Fußball sehen möchte, setzt sich auf die Tribüne. Wer ihn erleben möchte, der steht in der Kurve" - der Satz stammt überraschenderweise nicht von einem Ultra-Fan. Gesagt hat ihn Peter Becker, der Polizeichef der Landeshauptstadt Saarbrücken. "Bevor ich aus Saarlouis hierher kam, hatte ich mit Fußball nichts am Hut", erzählt Becker, der zum Ende des Jahres in Ruhestand gehen wird, "mein Vorgänger vererbte mir dann quasi das Drogenhilfezentrum und den FCS."

Seine Leistung im Bereich der Suchtproblematik muss andernorts gewürdigt werden. In der Fanszene des FCS ist der "Zentral-Saarländer" angesehen wie kaum ein zweiter Polizei-Einsatzleiter in Deutschland. "Mit Peter Becker finden Gespräche immer auf Augenhöhe statt", beschreibt FCS-Fan "Nussi" aus der "Virage est" Beckers Reputation bei den Anhängern, "er hat immer ein offenes Ohr für unsere Anliegen." Lob dafür gibt es auch von Vereinsseite. "Becker hat eine besondere Art, mit den Fans umzugehen", sagt FCS-Präsident Paul Borgard, "sein besonderes pädagogisches Geschick hat mit dazu beigetragen, dass Gewalt im Umfeld der Spiele des FCS fast keine Rolle mehr spielt." Die Einsatzzahlen der Saarbrücker Polizei sind jedenfalls rückläufig.

Becker lebt mit den Fans. Bei den Fahrradtouren zu den Auswärtsspielen nach Worms oder Offenbach war der passionierte Radfahrer immer dabei - nicht als Polizeichef, sondern als Peter, der Fan und Radfahrer.

Becker spricht die Sprache der Fans. Nach dem Angriff auf einen Saarbrücker Fan-Bus in Jena (wir berichteten) nutzte er dies zur Deeskalation. "Ich habe gesagt, dass ich glaube, dass wir in Saarbrücken keine solchen Assis haben, die einen wehrlosen Bus angreifen. Das hat in Jena für Wellen gesorgt und mich auf die Titelseite der Boulevardblätter gebracht. Die Saarbrücker waren aber bei der Ehre gepackt. Am Ende haben wir dieses Spiel ohne Zwischenfälle über die Bühne gebracht", erinnert sich Becker.

Nun geht Becker also in Ruhestand. "Er ist ein Bestandteil der Fankultur, die hier in den letzten Jahren entstanden ist", sagt Jörg Rodenbüsch vom Fanprojekt Innwurf, "die Art der Kommunikation hier in Saarbrücken kann man bundesweit als vorbildlich erachten." Becker selbst hört die Lobeshymne eher ungern - ihm ging und geht es um die Sache. "Ich bin nur einer der zahlreichen Akteure gewesen", sagt er, "man darf in diesen Bemühungen nicht nachlassen. Besonders dann, wenn es auch mal Rückschläge geben wird." Sein Nachfolger Udo Schneider wird seinen eigenen Weg finden müssen. "Ich habe so viele Ideen, was ich in der Rente tun werde", sagt Becker, "da muss ich bei völliger Gesundheit 103 Jahre alt werden. Und es dürfen keine neuen Ideen dazu kommen."cor > Ende der Serie

Werte gehen nicht in Rente

Von SZ-Mitarbeiter

Patric Cordier

Am 28. Dezember wird Peter Becker seinen letzten Dienst leisten - eine Nachtschicht. "Noch einmal am Puls der Stadt", sagt er. Dann geht er ohne großen Bahnhof - so, wie es seiner Art entspricht. Der Polizeibeamte Becker war ein wichtiger Knoten im Netzwerk Fußball in Saarbrücken. Unnachgiebig bei Gesetzesverstößen. Offen und begeisterungsfähig, wenn es darum ging, gemeinsam ein schönes Fußballerlebnis zu schaffen. Ein verlässlicher Partner auf Augenhöhe. Die Verantwortlichen sind gut beraten, das Wissen, Können und die menschliche Kompetenz Peter Beckers nicht einfach in Rente zu schicken. Denn seine Fußstapfen sind groß - nicht nur für seinen Nachfolger.

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