Der etwas andere Trainer

Freiburg · Mit Christian Streich auf dem Trainerstuhl geht es für den SC Freiburg ordentlich bergauf. Der kauzige 47-Jährige hat Kult-Status. Aber gerade wegen des Erfolgs rumort es im beschaulichen Breisgau gewaltig.

Christian Streich geht nur selten aus. Er habe einfach "keine Zeit", sagt der eigenwillige Trainer des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg. Was er aber von dem zuletzt so aufregenden Leben in der beschaulichen Stadt erzählt bekommt, "das ist schon ganz spannend".

Wenn der 47-Jährige mit dem Sport-Club auf Reisen ist, platzen die Freiburger Kneipen aus allen Nähten. "Dass Leute bei einem Spiel von uns eine Stunde vor dem Anpfiff keinen Platz mehr bekommen, das ist für die Leute schade - aber für mich ist es toll", sagt er: "Man kann sich ja auf den Schoß setzen."

Die Begeisterung, die Streich und seine Mannschaft mit dieser erfolgreichen Saison ausgelöst haben, kennt im Breisgau kaum Grenzen. Nicht nur, weil die Mannschaft erfrischenden Offensivfußball spielt und in der kommenden Saison auf Europa-Tournee gehen könnte - sondern vor allem, weil auf der Bank einer sitzt, der das immer wieder mit markigen Sprüchen in bestem alemannischen Dialekt kommentiert. Zumindest, so lange es ihm passt.

Geht es um den "Fluch des Erfolges", den drohenden Ausverkauf, gibt sich Streich, dem der lokale Sender "TV Südbaden" und die "Badische Zeitung" die Rubrik "Streich der Woche" widmen, zuletzt genervt. "Kein Kommentar", ist alles, was er zu den Transfergerüchten um Daniel Caligiuri und Johannes Flum sagt. Verkraften muss Freiburg ohnehin schon die Abgänge von Jan Rosenthal (Eintracht Frankfurt) und Max Kruse (Borussia Mönchengladbach). "Ich mache mir vor allem um unser Publikum Sorgen", sagte Streich den "Stuttgarter Nachrichten": "Die Frage wird sein, ob sie nächstes Jahr nicht davonlaufen, wenn wir mal fünf Spiele nacheinander verlieren."

Weil Manager Dirk Dufner bei den Transfers angeblich zu wenig Widerstand leistete, soll laut Medienberichten das Verhältnis der beiden sportlichen Macher zerrüttet sein. Streich aber versichert, Trainer zu bleiben, "solange es mir Spaß macht". Und im Moment "macht es mir großen Spaß". Freiburg und der Liga kann das nur gut tun. Im sonst so geschliffenen Glamourgeschäft braucht es Exoten wie den Metzger-Sohn, der nach der Ausbildung zum Industriekaufmann sein Abitur nachholte und danach Germanistik, Sport und Geschichte auf Lehramt studierte. Der immer erst innerlich mit sich selbst zu diskutieren scheint - und erst dann mit allen anderen.

Der Frage, ob seine Spieler Erfolgsdruck zu spüren bekommen, widmete er zuletzt einen mehrminütigen Monolog, der damit endete, dass man gar nicht über Fußball reden solle. "Ich muss in der Matheklausur 'ne Zwei schreiben. Ich muss, ich muss. Super, das gelingt bestimmt - dann hast du am Ende 'nen Fünfer", sagt er. Diese "Erziehungsmethoden" machen Streich anders, vielleicht besser als viele. Aber: "Jeder andere ist ja auch wieder anders. Es gibt über sieben Milliarden, die alle anders sind als die anderen."

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