Der Druck wird größer

München · Russlands Biathlon-Verband ist nach weiteren Doping-Verdächtigungen vorerst glimpflich davongekommen. Zwar wurden zwei Olympia-Starter gesperrt, doch das große Reinemachen blieb zunächst aus.

 Anton Schipulin gehört zu den besten Biathleten der Welt. Ob der russische Staffel-Olympiasieger von Sotschi einer der beiden gesperrten Sportler ist, ist noch nicht bekannt. Foto: Singer/dpa

Anton Schipulin gehört zu den besten Biathleten der Welt. Ob der russische Staffel-Olympiasieger von Sotschi einer der beiden gesperrten Sportler ist, ist noch nicht bekannt. Foto: Singer/dpa

Foto: Singer/dpa

Russlands Biathleten sind nach den schockierenden Doping-Enthüllungen um eine Kollektivstrafe herumgekommen. Zwei der 31 verdächtigen Russen wurden gestern vom Weltverband IBU vorläufig gesperrt. Es handelt sich um Olympiastarter - Namen wurden jedoch nicht genannt. Die IBU leitete zudem "formelle Untersuchungen" gegen den russischen Verband und 29 der im McLaren-Report genannten Sportler ein. Auf eine Suspendierung wurde zunächst verzichtet. Dies teilte der Weltverband nach einer Vorstandssitzung in München mit. 31 russische Skijäger waren zuvor im McLaren-Report als dopingverdächtig genannt worden.

Um einem Boykott von anderen Länder zuvorzukommen, gab der russische Biathlonverband die Junioren-WM in Ostrow und den Weltcup in Tjumen im März 2017 zurück. ""Ich hatte vor allem befürchtet, dass unsere Sportler disqualifiziert werden. Gut, dass es die Biathleten nicht betrifft", sagte Vorstandsmitglied Alexander Tichonow. IBU-Chef Anders Besseberg erklärte, die Rückgabe der Veranstaltungen sei ein erster wichtiger Schritt der russischen Biathlon-Union, "um der IBU und der Welt des Sports zu zeigen, dass die aktuelle Situation sehr ernst genommen" werde. Die für 2021 geplante WM in Tjumen wurde allerdings zunächst nicht angetastet. Der Bob- und Schlittenverband hatte zuletzt Sotschi die WM im Februar 2017 entzogen und nach Königssee verlegt.

Erst vor einer Woche hatte Besseberg die Doping-Vorwürfe gegen die 31 russischen Skijäger öffentlich gemacht. Eine fünfköpfige Expertengruppe aus fünf Nationen hatte danach die Indizien aus dem Wada-Bericht überprüft. Nach der Ergebnispräsentation sagte Besseberg: Die Ergebnisse des McLaren-Berichts würden schwere Probleme im russischen Sport und im Anti-Doping-Kontrollsystem zeigen. Doch der Verdacht reiche nicht aus, um zu sanktionieren. Die Regeln müssten "für die Schuldigen und für die Unschuldigen" gelten.

Mehr als 1000 russische Sportler waren nach Ermittlungen der Welt-Anti-Doping-Agentur zwischen 2011 und 2015 Teil der staatlichen Dopingpolitik. Es wurden Beweise gefunden, dass Dopingproben von zwölf Medaillengewinnern der Sotschi-Spiele 2014 manipuliert wurden. Vier Olympiasieger seien dabei gewesen, hatte WADA-Chefermittler Richard McLaren am 9. Dezember in London mitgeteilt. Von den 33 russischen Olympia-Medaillen in Sotschi gingen vier an die Skijäger. Einmal war auch Biathlon-Gold dabei. In der Staffel besiegten Alexei Wolkow, Jewgeni Ustjugow, Dmitri Malyschko und Anton Schipulin das deutsche Silber-Quartett. Schipulin hatte zuletzt erklärt: "Mein Gewissen ist rein."

Groß: "Wer betrügt, fliegt"

Schon vor dem Doping-Gipfeltreffer der Biathlon-Topfunktionäre waren die Russen in die Offensive gegangen. Ein Beleg für den Anti-Doping-Kurs sei auch die Anstellung der deutschen Trainer Ricco Groß und Wolfgang Pichler gewesen, "die wohl kaum bereit gewesen wären, ihre Reputation aufs Spiel zu setzen". Der Ruhpoldinger Pichler hatte Russlands Damen bis Sotschi 2014 betreut, sein Kollege Groß ist momentan Cheftrainer der russischen Männer. Er hat immer wieder betont: "Wer betrügt, der fliegt."

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