Der Dosenöffner

Mönchengladbach · Marco Reus ist bei Borussia Dortmund der Mann für die ganz engen Spiele. Auch in der alten Heimat kannte er keine Gnade und erzielte einen Treffer beim 3:1-Sieg bei Borussia Mönchengladbach.

Der erste Gang führte Marco Reus mitten ins Herz seiner alten Heimat . In schwarzen Badelatschen und mit einem BVB-Trikot in der Hand schlurfte der Matchwinner nach dem Abpfiff in die Kabine von Borussia Mönchengladbach . Dort wurden Erinnerungen an "sehr schöne Jahre" ausgetauscht. Für die alten Bekannten war das Wiedersehen allerdings ein schmerzhaftes gewesen: Beim 3:1 (1:0) von Borussia Dortmund war Reus der überragende Mann - und wieder einmal der personifizierte "Dosenöffner", wie sein Kapitän Mats Hummels es staunend beschrieb.

Sensationelle 30 Mal hat Marco Reus für Borussia Dortmund seit 2012 ein 1:0 erzielt, 20 Mal alleine in der Bundesliga, fünf Mal schon in dieser Saison - auch im Hinspiel gegen seinen Ex-Klub (4:0). 44,77 Prozent seiner Tore für den BVB sind ein 1:0. Erklären kann Reus sich dies selbst nicht. "Ich habe keine Ahnung. Wirklich nicht. Ich weiß nur, dass es wieder unheimlich wichtig war. Ich versuche, immer irgendwie an der richtigen Stelle zu sein", sagte er leise und schaute dabei etwas scheu unter seiner schwarzen Wollmütze hervor.

Das Hohelied auf ihn stimmten daher die Teamkollegen und der Trainer an. "Wie er den Ball da unten links reingezimmert hat - das würde ich niemals hinkriegen", sagte Hummels, der ebenfalls ein starkes Spiel abgeliefert hatte. Für Pierre-Emerick Aubameyang, den diesmal glücklosen Torjäger, ist die Angelegenheit einfach: "Er ist ein besonderer Spieler. Deshalb macht er immer das 1:0." Diesmal dauerte es 40 Minuten und einige Sekunden, bis Reus in die Tiefe sprintete und dann, glänzend von Ilkay Gündogan eingesetzt, mit rechts einen unhaltbaren Flachschuss abfeuerte. Das 2:0 durch Henrich Mchitarjan (50.) bereitete Reus vor. Trainer Thomas Tuchel nahm ihn schließlich vom Feld, um keine Verletzung zu riskieren. Gündogans 3:1 (75.) bejubelte Reus von der Bank.

Der Sieg zum Rückrundenstart war ein Zeichen an die Konkurrenten im Kampf um die Rückkehr in die Champions League. "Wir haben Punkte auf Mönchengladbach , Hertha und Leverkusen gut gemacht. Das ist fantastisch", stellte Hummels zufrieden fest. Darf's auch ein bisschen mehr sein? Nein, die Frage nach Bayern München wollte nach dem ersten Sieg beim West-Rivalen seit 2009 niemand beantworten.

Ohnehin: Die Bundesliga-Tabelle in der Kabine aufzuhängen, ist Tuchel derzeit trotz des zweiten Platzes nicht zu empfehlen. Dortmund ist mit acht Punkten nach oben (FC Bayern) und acht nach unten (Hertha BSC ) der einsamste Verein im deutschen Profifußball. Die Bundesliga ist auf dem Weg zur Dreiklassengesellschaft: 1 - 1 - und dann die 16 anderen. Die von Tuchel ausgegebene Sprachregelung lautet sowieso: "Wir schauen nur auf uns." Der Mann des Tages schaute allerdings auch auf die Tribüne. Ein Herzchen formte Marco Reus mit beiden Händen nach seinem neunten Saisontor - eine neue Liebe? Der Boulevard wurde enttäuscht: ein Lächeln, und Reus zog von dannen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort