Der Dominator fährt allen davon

Montréal · Mit dem souveränen Sieg in Kanada hat Sebastian Vettel endgültig Kurs auf seinen vierten WM-Titel in Folge genommen. Der Champion möchte sich bei zwölf verbleibenden Rennen noch nicht damit befassen.

Es sah ein bisschen nach Urlaub aus, als Sebastian Vettel am Sonntagnachmittag durch das Fahrerlager schlenderte. Mit einem Eis in der Hand, das Oberteil seines Overalls lässig um die Hüfte gebunden, nahm der Weltmeister bei strahlendem Sonnenschein alle paar Meter Glückwünsche für seinen ersten Sieg beim Großen Preis von Kanada entgegen. Angesichts seines Vorsprungs im WM-Klassement und seiner souveränen Leistung beim Start-Ziel-Sieg in Montréal, konnte Vettel sich ein wenig Entspannung erlauben.

"Das war wirklich ein perfektes Rennen", sagte Vettel: "Es hat einfach alles geklappt." Vom starken Start von der Pole Position bis zur Zieldurchfahrt mit fast 15 Sekunden Vorsprung - der dritte Saisonsieg im siebten Rennen war zu keinem Zeitpunkt gefährdet. So souverän war die Vorstellung, dass sie an die einseitigsten Phasen in den vergangenen drei Jahren erinnerte, in denen Vettel stets den Titel holte.

Auch Vettels Dauerrivale Fernando Alonso im Ferrari machte am Sonntag einen starken Eindruck und fuhr vom sechsten auf den zweiten Platz vor - ein Erfolg. Aber er landete eben hinter Vettel und verlor damit weitere Punkte auf den Red-Bull-Star. Gesamtzweiter ist Alonso nun wieder, 36 Punkte Rückstand hat er auf den Weltmeister (96:132). Der Finne Kimi Räikkönen (Lotus/88) rutschte durch Rang neun in Kanada auf Platz drei ab.

Doch Alonso will nicht schon wieder nur Vize hinter Vettel sein, er baut auf die verbleibenden zwölf Rennen. "Wenn wir mal drei Rennsiege zurückliegen, 75 bis 80 Punkte", sagte er, "dann wird es wirklich kritisch. Geringere Abstände wurden in den vergangenen Jahren aber schon aufgeholt." Vettel nickte, da musste er seinem Verfolger zustimmen - überhaupt saßen die Rivalen bei der Pressekonferenz ungewohnt einträchtig auf dem Podium. "Wie Fernando sagt, die WM ist noch lang", sagte Vettel: "Wir wissen, wie viel sich innerhalb weniger Rennen ändern kann." Für Beispiele müsse man gar nicht lange zurückblicken, Vettels Leistung im vergangenen Jahr stehe Modell. "Letzte Saison hatte ich zu einem späteren Zeitpunkt einen größeren Rückstand", sagte Vettel, "dann hatte Fernando hier und da Pech - und ich konnte vorbeiziehen."

Doch derzeit gibt es nicht viel, was für einen derartigen Einbruch Vettels sprechen würde. Der Auftritt in Kanada nicht und das Gesamtbild auch nicht. Vettel und Red Bull bieten das beste Paket aus Fahrer und Auto. Alonso kann dem 25-Jährigen im Rennen durchaus Paroli bieten, doch das Zeittraining war nicht nur in Kanada das Hauptproblem bei Ferrari. "Die letzte Pole im Trockenen", sagte der Spanier, "haben wir im September 2010 geholt. Nicht gerade unsere Stärke." Und Räikkönen lebte bislang vor allem von seiner Konstanz und der seines Lotus, doch die Plätze neun und zehn in den vergangenen Rennen lassen mittlerweile zweifeln.

Das Rennen in Kanada ist vom tödlichen Unfall eines Streckenpostens überschattet worden. Der Arbeiter wurde gegen Ende des Rennens von einem Bergungskran überrollt und erlag wenige Stunden später im Sacre-Coeur-Krankenhaus seinen Verletzungen.

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