Der Djoker kehrt auf den Thron zurück

London · Boris Becker ist seit gestern wieder Wimbledon-Sieger – und zwar als Trainer. Sein Schützling Novak Djokovic gewann gestern ein Finale der Extraklasse gegen London-Rekordgewinner Roger Federer.

Nach einem denkwürdigen Finale im Londoner All England Club hatte Novak Djokovic kaum mehr Kraft zum Jubeln. Erst eine Kostprobe vom Heiligen Rasen baute ihn wieder auf. Djokovic kletterte zu seinem Team auf die Tribüne, wo er auch seinem Trainer Boris Becker um den Hals fiel. In dessen "Wohnzimmer" gewann Djokovic gegen Rekordchampion Roger Federer zum zweiten Mal nach 2011 das bedeutendste Tennisturnier der Welt.

Fast vier Stunden Spielzeit

Nach 3:56 Stunden verwandelte Djokovic seinen zweiten Matchball zum 6:7 (7:9), 6:4, 7:6 (7:4), 5:7 und 6:4 gegen den Federer. Der 27 Jahre alte Serbe eroberte mit dem Erfolg auch die Spitze der Weltrangliste zurück. Das war das erklärte Ziel gewesen, als Djokovic Ende des vergangenen Jahres überraschend Becker als seinen neuen Trainer präsentiert hatte. Der 32 Jahre alte Federer verpasste dagegen den historischen achten Titel beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt denkbar knapp. Federer muss sich die Bestmarke in den Geschichtsbüchern des All England Club weiter mit dem Amerikaner Pete Sampras und dem Briten William Renshaw teilen.

Prinz William und seine Ehefrau Kate waren gekommen, um die Superstars des Tennis auf der Höhe ihrer Schaffenskraft zu erleben. Und Djokovic und Federer enttäuschten die Royals nicht. Vom ersten Ballwechsel an boten die langjährigen Rivalen in ihrem 35. Duell den 15 000 Zuschauern Ausnahme-Tennis. Teilweise von einem anderen Stern, dramatisch und hochspannend.

Der dreimalige Wimbledonchampion Boris Becker , der bereits nach Djokovics Halbfinal-Krimi gegen Grigor Dimitrow zugegeben hatte, während des Matches in der Spielerbox ein "nervliches Wrack" gewesen zu sein, verfolgte sichtlich angespannt das Geschehen. Dabei hätte ihn Djokovic frühzeitig erlösen können: Beim Stand von 5:3 im vierten Durchgang schlug er zum Matchgewinn auf, beim Stand von 5:4 hatte er sogar seinen ersten Matchball. Doch Federer kämpfte verbissen um seinen 18. Grand-Slam-Titel. Zum letzten Mal hatte der Maestro 2012 in Wimbledon eines der vier Majors für sich entschieden, diese, vielleicht eine seiner letzten Chancen, wollte er sich nicht entgehen lassen. Erst nach fast vier Stunden fiel die Entscheidung, als Djokovic seinen zweiten Matchball verwandelte. "Nach dem ich den vierten Satz verloren hatte, war es nicht einfach, mich wieder zu fangen, ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe", sagte der "Djoker" nach dem Spiel, "ich widme diesem Titel meiner zukünftigen Frau und unserem zukünftigen Baby."

Mit seinem insgesamt siebten Grand-Slam-Titel überholte Djokovic seinen Trainer Becker und löste Nadal erstmals seit September 2013 wieder an der Spitze der Weltrangliste ab. Während Federer in Wimbledon eine große Chance auf seinen 18. Majortitel vergab, traut Becker seinem Spieler weitere große Siege zu. "Novak kann noch ein paar Jahre auf diesem Niveau spielen", sagte Becker. Petra Kvitova hat zum zweiten Mal nach 2011 das Grand-Slam-Turnier in Wimbledon gewonnen. Die Nummer sechs der Tennis-Weltrangliste setzte sich am Samstag im Finale überraschend klar mit 6:3, 6:0 gegen die 20 Jahre alte Kanadierin Eugenie Bouchard durch. Die 24-Jährige siegte damit auch in ihrem zweiten Finale des berühmtesten Tennis-Turniers der Welt. Für ihren Sieg bei der Rasen-Veranstaltung kassierte Kvitova 2,2 Millionen Euro Preisgeld.

"Diese Match war mental unheimlich hart für mich, aber mein ganzes Team hat mir geholfen", brachte die Tschechin gerade noch heraus. Dann kamen ihr die Tränen. Kvitova widmete ihren zweiten Erfolg auch ihrem Vater, der gestern Geburtstag feierte. "Es ist unglaublich, nach drei Jahren wieder hier zu stehen", stammelte sie.

Im Finale lieferte Kvitova eine beeindruckende Vorstellung ab. Immer wieder setzte sie ihre Kontrahentin unter Druck und überzeugte mit schnellen und präzisen Aufschlägen. Bouchard hatte im Turnierverlauf die Oberhand gegen die deutschen Topspielerinnen Andrea Petkovic und Angelique Kerber behalten.

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