Der Deutschland-AchterAnzeichen für einen Einstieg von VW in die Weltmeisterschaft verdichten sich

Trier. Samstagmittag gegen 13 Uhr. Zur Halbzeit der Deutschland-Rallye rollt Sebastien Loeb (36, Foto: dpa) in den Servicepark in Trier. Er klettert lachend aus seinem Citroen C4, macht ein paar Witzchen mit Beifahrer Daniel Elena und kramt in seinem Overall. Dann zückt er ein Handy hervor und telefoniert mal kurz mit Zuhause.Mittlerweile rollen auch die Gegner in den Park

 Letzte Rille durch die Weinberge: Sebastien "Super Seb" Loeb blieb auch beim achten Auftritt in Deutschland ungeschlagen. Foto: Niegtsch

Letzte Rille durch die Weinberge: Sebastien "Super Seb" Loeb blieb auch beim achten Auftritt in Deutschland ungeschlagen. Foto: Niegtsch

Trier. Samstagmittag gegen 13 Uhr. Zur Halbzeit der Deutschland-Rallye rollt Sebastien Loeb (36, Foto: dpa) in den Servicepark in Trier. Er klettert lachend aus seinem Citroen C4, macht ein paar Witzchen mit Beifahrer Daniel Elena und kramt in seinem Overall. Dann zückt er ein Handy hervor und telefoniert mal kurz mit Zuhause.Mittlerweile rollen auch die Gegner in den Park. Sie sind verschwitzt, gezeichnet von den Anstrengungen. Sofort stürzen sich die Ingenieure auf sie, diskutieren, was an den Autos verstellt werden soll. Loeb braucht das nicht.

Es ist nicht nur die Schnelligkeit, es ist auch diese Leichtigkeit, diese Lässigkeit des Franzosen, die die Gegner demoralisieren muss. Zum achten Mal in Folge gewann "Super-Seb" gestern in Trier die Deutschland-Rallye. Deutschland bleibt damit "gelo(e)btes Land".

Am Samstagmorgen hatte Loebs spanischer Teamkollege Dani Sordo noch kurz aufgemuckt. Auf der Wertungsprüfung (WP) St. Wendeler Land war er Bestzeit gefahren und hatte den Rückstand auf 7,3 Sekunden verringert. Doch der "König von Deutschland" schlug die aufkommende Meuterei schnell zurück. Auf der nächsten WP holte er sich die 3,5 Sekunden zurück - und packte auf der Königsetappe, der Panzerplatte in Baumholder, gleich noch 12,2 Sekunden dazu. Damit waren die Machtverhältnisse geklärt. Sordo kam zur bitteren Erkenntnis: "Sebastien ist unschlagbar."

In der Tat: Der ehemalige Kunstturner beherrscht den Step-Tanz auf Gas- und Bremspedal wie kein Zweiter. Während alle Autos längst vom Kampf gegen die verlorene Zeit gezeichnet waren, hatte Loebs Auto genau einen Kratzer. "Wir haben bei einer Sechste-Gang-Kurve leicht die Leitplanken touchiert. Beim nächsten Mal nehmen wir dort nur den fünften Gang", grinste Loeb, der ab Samstagmittag bereits deutlich Tempo herausnahm, aber dennoch insgesamt neun der 19 Wertungsprüfungen gewann.

Eine Bestzeit holte sich Citroen-Pilot Kimi Räikkönen, vier gingen an Sordo, fünf an Petter Solberg (ebenfalls Citroen). Der wollte nach zwei Reifenpannen und fünf Minuten Rückstand eigentlich am Freitag schon aufgeben. Doch dann "überredete" ihn der Sponsor, weiter zu machen. Am Ende fuhr Solberg unter dem Jubel der 220 000 Fans noch auf Platz fünf. An der Spitze feierte Citroen einen Dreifachsieg: Loeb lag im Ziel 51,3 Sekunden vor Sordo und 2:13,3 Minuten vor Sebastien Ogier.

Ford dagegen, das rund ums Rallye-Zentrum großflächig mit dem Slogan "Das Tier von Trier" für eine besonders PS-starke Version des Focus warb, hatte tierisch viele Probleme. Jari-Matti Latvala hatte am Samstag in Baumholder durch einen Dreher seine dritte Position verloren. Der fünftplatzierte Mikko Hirvonen musste seinen Focus WRC mit Getriebeschaden in Freisen abstellen. Ford-Kollege Francois Duval (Belgien) legte auf der folgenden WP Panzerplatte 2 seinen Focus aufs Dach, Beifahrer Denis Giraudet zog sich dabei mehrere Rippenbrüche zu.

Durch die Ausfälle rückte Citroen-Pilot Räikkönen auf Platz sieben vor. Der frühere Formel-1-Weltmeister hatte eine solide Leistung geboten. Er flog nicht ab und schaffte auf der letzten Wertungsprüfung, dem Circus Maximus in Trier, sogar die erste WP-Bestzeit seiner Karriere. "Das ist schön, aber ich habe vorher viele Fehler gemacht", sagte der Finne. Von Loeb trennten ihn 8:50 Minuten. Und die Lockerheit. Trier. Brot und Spiele - im fast 2000 Jahre alten Amphitheater von Trier hat Volkswagen am Freitagabend mit einer pompösen Gladiatoren-Show den "Race-Touareg 3" vorgestellt - einen Streitwagen mit 310 Pferden, mit dem VW im Januar den Titel bei der Wüsten-Rallye Dakar verteidigen will. 2009 hatte VW einen Doppelsieg, 2010 gar einen Dreifachsieg gefeiert. Der neue Wagen hat vor allem eine geänderte Karosserie, die mehr ans Serienauto erinnern soll, eine verbesserte Aerodynamik und zehn PS mehr.

Doch Volkswagen möchte seine Fahrer künftig nicht mehr (nur) in die Wüste schicken. Sportchef Kris Nissen heizte in Trier die Spekulationen um einen Einstieg in die Rallye-WM weiter an. Der jüngst verkündete Einstieg von Mini als drittem Hersteller (neben Citroen und Ford) werde in Wolfsburg als positives Signal für die Serie gewertet. "Ich denke, die Rallye-WM passt zu Volkswagen", so Nissen. Zudem gab ein mit Bio-Erdgas angetriebener Scirocco als Vorwagen auf den Wertungsprüfungen Gas - mit Ex-Weltmeister Carlos Sainz am Steuer. Würde der VW-Vorstand grünes Licht geben, wäre das Auto 2013 startklar. "Wir brauchen zwei Jahre Entwicklungszeit", sagt VW-Motorsport-Sprecher Stefan Moser. Als Auto käme der Polo in Frage, als Motor schreibt das Reglement einen 1,6-Liter Turbo vor. Wie es nach 2011 mit dem Dakar-Projekt weitergeht, ist derweil offen. Angesichts drohender Regeländerungen und mangelnder Konkurrenz steht das Projekt auf der Kippe. Gut möglich, dass der VW-Vorstand den Daumen senkt. Wie bei den Gladiatoren. Brot und Spiele eben. wip

Hintergrund

Überschattet wurde die Deutschland-Rallye am Samstag von einem Feuerunfall der Niederländer Jasper van der Heuvel und Martine Kolman. Ihr Mitsubishi Lancer war nach der Zieldurchfahrt der zehnten Wertungsprüfung (Panzerplatte 1) durch einen technischen Defekt erst ins Schleudern und danach in Brand geraten. Die Beifahrerin musste mit schweren Brandverletzungen an Händen und im Gesicht mit dem Hubschrauber in eine Spezialklinik in Ludwigshafen geflogen werden. Van der Heuvel wurde nur leicht verletzt. wip

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