Der Dauerbrenner aus Rentrisch

Rentrisch. Seine Haarpracht ist sein Markenzeichen. "Struppi", wie Karl-Heinz Russy ob seines zwar mittlerweile recht hell gewordenen, aber immer noch als Prachtexemplar vorhandenen Wuschelkopfes genannt wird, ist wohl der beste Tischtennis-Spieler, der jemals die Farben des Saarlandes vertreten hat. Sogar für Deutschland hat Russy gespielt. Sechs Mal

Rentrisch. Seine Haarpracht ist sein Markenzeichen. "Struppi", wie Karl-Heinz Russy ob seines zwar mittlerweile recht hell gewordenen, aber immer noch als Prachtexemplar vorhandenen Wuschelkopfes genannt wird, ist wohl der beste Tischtennis-Spieler, der jemals die Farben des Saarlandes vertreten hat.

Sogar für Deutschland hat Russy gespielt. Sechs Mal. Sein mögliches persönliches Top-Ereignis allerdings blieb ihm verwehrt: die Teilnahme an den Weltmeisterschaften 1969, bei denen der Düsseldorfer Abwehrkünstler Eberhard Schöler in der umfunktionierten Münchner Eissporthalle bis ins Endspiel des Einzel-Wettbewerbs vordrang. Dabei gehörte der damals 32 Jahre alte Russy vor 40 Jahren lange zum engen Kandidatenkreis für die WM. Sportlich hätte er dabei sein müssen, hatte er doch kurz zuvor noch in Luxemburg seine Klasse bei einem Ländervergleich mit England bewiesen, als er beim 5:4 maximale drei Punkte beisteuerte. Sogar noch einen mehr als Eberhard Schöler. Der spätere WM-Teilnehmer Klaus Solka vom SV Moltkeplatz Essen war leer ausgegangen. Doch saar-interne Querelen zwischen dem Verein 1. FCS (seinem Trainer Tibor Harangozo) und dem Verband (dem damaligen Vorsitzenden Eligius Simon) führten zu einer Sperre aller Saarbrücker Spieler. So sah sich der Deutsche Tischtennis-Bund gezwungen, Russy von seiner WM-Liste zu streichen.

Aber auch außerhalb der WM spielte Russy gegen große Gegner, und manchmal besiegte er sie auch. Wie zum Beispiel 1967. Damals war das Team von Weltmeister Japan - China spielte damals wegen seiner Kulturrevolution nicht international - nach den Titelkämpfen in Stockholm für mehrere Gastspiele in ganz Europa unterwegs. So waren die Japaner am 27. April 1967 in der mit mehr als 600 Zuschauern überfüllten Schulturnhalle in Bous zu bewundern. Gegner des Weltmeisters war ein deutsches Zweierteam, gebildet aus Vize-Europameister Erich Arndt (Mörfelden) und Russy. Der Saarländer überzeugte dabei ebenso mit einem Sieg (über Tambata) wie der Hesse. Am Ende gab beim 2:3 das besser eingespielte Doppel den Ausschlag zugunsten der Japaner.

In Bous war Russy später auch als Bundesligaspieler bei Saarbrücker "Heimspielen" zu Gast - in der Südwesthalle, die 1973 eröffnet worden war. Hier setzte er seine großartige Serie fort, die schon 1966 im Gründungsjahr der Bundesliga begonnen hatte, als er viele Top-Spieler, darunter auch den für Frankfurt spielenden Europameister Istvan Korpa (später Bundestrainer) bezwang. Auch Konrad "Conny") Freundorfer, der erste deutsche Top-Spieler der Bundesliga, Teilnehmer an neun Weltmeisterschaften mit 102 Länderspielen, 1936 in Freising geboren und 1988 bei einem Verkehrsunfall als Fahrradfahrer ums Leben gekommen, konnte ein Lied von Russys Angriffswirbel singen. "Freundorfer hat nie gegen mich gewonnen", kann der Saarländer stolz behaupten. Und einmal, 1966, hat er dem Bayern bei den deutschen Einzelmeisterschaften in Osnabrück sogar vorzeitig den so ersehnten und nie erreichten Weg zum zehnten Titelgewinn versperrt. "Ich habe ihn damals unter den letzten 16 mit 3:0 geschlagen, anschließend aber selbst gegen den Osnabrücker Ernst Gomolla mit 28:30 im Entscheidungssatz verloren", erinnert sich Russy eher ungern an einen seiner großen Auftritte auf nationaler Ebene, bei dem er ganz nahe an einem Medaillengewinn war. Auf Landesebene hat Russy die zehn Titelgewinne im Einzel geschafft, zudem war er drei Mal Südwestmeister.

Tolle Spiele lieferte Russy im Jahr 1973 ab, als er die Saarbrücker auf Rang drei im europäischen Messepokal-Wettbewerb führte. Erst gegen den übermächtigen AC Kremlin-Bicetre Paris kam das Aus, weil die Franzosen mit Jacques Secretin und Patrick Birocheau gleich zwei Weltklassespieler in ihren Reihen hatte. Drei Jahre später drang der 1. FCS erneut ins Halbfinale vor und hier war Spartacus Budapest mit den damals europa- und durch das Fehlen der Chinesen (Kulturrevolution) auch weltweit dominierenden Ungarn Istvan Jonyer und Tibor Klampar ein Klasse für sich. Gut in Erinnerung bleibt auch das Viertelfinal-Gastspiel von GSTK Zagreb am 24. März 1972 in der Saarlandhalle und auch die Jugoslawen hatten zwei Spieler von Weltformat in ihren Reihen: Dragutin Surbek und Anton Stipancic, die dann auch den Messepokal gewannen. Surbek war übrigens zehn Jahre später erneut Messepokalsieger - mit dem ATSV Saarbrücken. Seine Mitspieler beim 5:2-Finaltriumph in Bari/Italien gegen Messine Paris waren der Engländer John Hilton sowie Peter Engel.

Von Russys internationaler Erfahrung hätten allzu gerne auch andere deutsche Vereine profitiert. Besonders zahlreich waren die Abwerbe-Versuche zwischen dem Saarbrücker Abstieg aus der Bundesliga 1967 und dem Wiederaufstieg 1973. "Düsseldorf, Altena, Rödelheim und vor allem Eintracht Frankfurt haben immer wieder angefragt", erinnert er sich.

Doch Russy blieb seinem 1. FCS stets treu - nun fast 50 Jahre lang. Nur ein einziges Mal wäre er um ein Haar schwach geworden. Er erinnert sich: "Das war so um 1970 herum, als der Sportbund Rosenheim anklopfte. Da hatte ich gute Kontakte, weil ich dort viele Lehrgänge der Saarbrücker Harangozo-Tischtennisschule besucht hatte. Rosenheim spielte in der Klasse unterhalb der Bundesliga und der Verein hatte mir sogar schon eine Arbeitsstelle als Dekorateur verschafft."

Doch Russy blieb Saarländer mit Leib und Seele und noch heute profitiert der Saarländische Tischtennis-Bund gern von seiner Mithilfe als Betreuer und Sparringspartner für Schüler und Jugendliche im Landestraining. "Die Leute von der Frankfurter Eintracht haben mir

die Tür eingelaufen. Die wollten mich unbedingt haben."

Karl-Heinz Russy zu den Bemühungen

um seine Dienste

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