Der Chinese Europas

Ostrau. Gut, besser, Timo Boll: Deutschlands grandioser Ausnahmekönner hat sich mit dem dritten Titel-Triple seiner Karriere zu Europas Tischtennis-König gekrönt und hält das Zepter fest in der Hand. Der 29-jährige Linkshänder verwandelte die EM in Ostrau in ein Rekord-Festival mit historischen Dimensionen

Ostrau. Gut, besser, Timo Boll: Deutschlands grandioser Ausnahmekönner hat sich mit dem dritten Titel-Triple seiner Karriere zu Europas Tischtennis-König gekrönt und hält das Zepter fest in der Hand. Der 29-jährige Linkshänder verwandelte die EM in Ostrau in ein Rekord-Festival mit historischen Dimensionen. Das 4:1 gegen seinen Düsseldorfer Clubkollegen Patrick Baum (23) im ersten deutschen EM-Finale seit 1958 beendete eine einwöchige Gala-Show. Der Weltranglisten-Zweite bestritt 22 Partien, gewann alle und löste mit Gold im Einzel, Doppel und Team sowie nun 13 Titeln den Schweden Jan-Ove Waldner als Rekord-Europameister ab.

Hauptziel bleibt Olympia Das Sensations-Silber für Baum und der dritte Platz für Christian Süß im Einzel rundeten das glänzende Ergebnis für den Deutschen Tischtennis-Bundes ab. "Da bin ich gerne arbeitslos", sagte der neue Herren-Bundestrainer Jörg Roßkopf. Er coachte beim deutsch-deutschen Endspiel nicht, sondern saß auf der Tribüne. Mit drei Mal Gold sowie jeweils einmal Silber und Bronze feierte er einen Super-Einstand. "Alle haben auf einem hohen Niveau gespielt, für Baum freue ich mich besonders. Mein Hauptziel ist aber Olympia 2012 in London", betonte Roßkopf.

"Die Jungspunde legen oft wie die Feuerwehr los. Dank meiner Routine konnte ich sie stoppen. Die Kraft hat gereicht. Ich freue mich über jeden Titel, aber am meisten bleibt der erste Sieg vor acht Jahren in Zagreb hängen", sagte der überragende Boll zu seinem Dreifach-Coup. Der war ihm auch schon 2007 und 2008 geglückt. "Wir haben gezeigt, dass wir die Chinesen Europas sind", kommentierte er die Dominanz der deutschen Herren. Die standen zum zweiten Mal nach 2003 mit einem EM-Trio auf dem Podest - obwohl der verletzte Dimitrij Ovtcharov fehlte.

Im Einzel gab Boll lediglich zwei Sätze ab - im Halbfinale und dann im Endspiel. "Timo macht keine leichten Fehler. Das ist seine Qualität", sagte Christian Süß. Boll degradierte seine Gegner zu Statisten. Mit seinem vierten Titel in der "Königsdisziplin" überholte er die dreifachen Einzelsieger Mikael Appelgren (Schweden) und Wladimir Samsonow (Weißrussland). Im Doppel siegte das Parade-Duo Boll und Süß zum vierten Mal in Serie. Das gab es in 52 Jahren auch noch nie.

Erfolglose Frauen"Das ist nur gut so, damit habe ich kein Problem. Timo kann bestimmt 20 EM-Titel gewinnen", kommentierte Jan-Ove Waldner im fernen Stockholm den Verlust seines EM-Rekordes. Boll hängte das Thema nicht so hoch. "Momentan beschäftigt mich das nicht so. Vielleicht, wenn ich meine Karriere beende", sagte er.

So erfolgreich die Männer waren, so erfolglos waren die deutschen Tischtennis-Frauen: Ein Jahr nach Gold und Bronze bei der Heim-EM in Stuttgart und vier Monate nach Bronze bei der Team-WM gingen sie in Ostrau leer aus. Titelverteidigerin Jiaduo Wu (Kroppach) scheiterte im Achtelfinale, ihre Nachfolgerin wurde Viktoria Pawlowitsch (Weißrussland). Kristin Silbereisen (Kroppach) drang mit dem Team, im Einzel und Doppel bis ins Viertelfinale vor, für das EM-Podest reichte es allerdings icht. dpa

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