Der Charakter-Test

München. Die Flugreise nach Barcelona begann für Bayern München wegen Hydraulik-Problemen mit einer Stunde Verspätung. Dem Fußball-Bundesligisten war es egal: Er will nach der Schmach in der Bundesliga beim VfL Wolfsburg (1:5) an der Stätte seiner bittersten Europapokal-Stunde gegen die beste Mannschaft der Welt bestehen

 Trainer Jürgen Klinsmann: nachdenklich, angespannt. Präsident Franz Beckenbauer gibt ihm keine Arbeitsplatzgarantie. Foto: dpa

Trainer Jürgen Klinsmann: nachdenklich, angespannt. Präsident Franz Beckenbauer gibt ihm keine Arbeitsplatzgarantie. Foto: dpa

München. Die Flugreise nach Barcelona begann für Bayern München wegen Hydraulik-Problemen mit einer Stunde Verspätung. Dem Fußball-Bundesligisten war es egal: Er will nach der Schmach in der Bundesliga beim VfL Wolfsburg (1:5) an der Stätte seiner bittersten Europapokal-Stunde gegen die beste Mannschaft der Welt bestehen. "Der FC Barcelona ist ein paar Klassen besser als Wolfsburg und klarer Favorit. Aber auch Favoriten haben schon verloren", sagt FCB-Präsident Franz Beckenbauer vor dem Viertelfinal-Hinspiel heute (20.45 Uhr/Sat.1).

Nach der Pleite in Wolfsburg, wo sich die Mannschaft laut Beckenbauer teils der Lächerlichkeit preisgab, erwartet die Bayern eine Herkules-Aufgabe. Für Manager Uli Hoeneß steht nicht weniger als der Ruf des FCB auf dem Spiel. Er appelliert: "Wir haben eine gewisse Reputation in der Öffentlichkeit verloren. Aber das heißt nicht, dass die Mannschaft in Barcelona nicht ganz anders spielen kann. Wir sollten uns nicht wie ein Kaninchen vor der Schlange verhalten." Vorstands-Chef Karl-Heinz Rummenigge sagt: "Wir versuchen ein Ergebnis zu erreichen, das die Möglichkeit auflässt, im Rückspiel für eine Sensation zu sorgen." Er freut sich, "dass wir nach der Niederlage in Wolfsburg ein Spiel vor der Brust haben, in dem wir alles sind, nur nicht Favorit. Jeder erwartet, dass wir eine weitere klare Niederlage kassieren." Vor 96 000 Fans im Stadion Camp Nou, in dem München 1999 im Finale der Champions League 1:2 gegen Manchester United verlor, sei es wichtig, "dass wir nicht ängstlich ins Spiel gehen, sondern uns darauf freuen".

Trainer Jürgen Klinsmann sagt: "Wir werden uns nicht verstecken, sondern ein Spiel liefern, das nach vorne gerichtet ist." Dass Klinsmann nach dem Wolfsburg-Spiel vom "Wir" abrückte, die Spieler kritisierte und in die Pflicht nahm, findet Beckenbauer übrigens gut: "Es war richtig, dass er mit dem Finger auf die Mannschaft zeigt." Doch während Klinsmann laut Rummenigge auch im Fall einer weiteren Pleite fest im Sattel sitzt, gibt Beckenbauer ihm keine Arbeitsplatzgarantie: "Man wird sich nach der Saison zusammensetzen, alles analysieren und dann möglicherweise reagieren."

Die Bayern, die in Europa im Gegensatz zur Bundesliga beeindruckten, stehen in der Pflicht. "Gegen solche Mannschaften wie Barcelona können wir zeigen, wozu wir in der Lage sind. Wir müssen zeigen, dass Bayern verdient ins Viertelfinale gekommen ist", sagt Stürmer Luca Toni, dem sein verletzter Partner Miroslav Klose fehlt. Daher wird der FCB wohl nur mit ihm als Stürmer spielen, zumal nach dem Ausfall der Abwehrspieler Lucio und Daniel van Buyten die Defensive gestärkt werden soll. Vorne soll Franck Ribéry, der gestern 26 Jahre alt wurde, sich laut Kapitän Mark van Bommel mit Messi "messen, um zu zeigen, wer in diesem Moment der bessere ist".

Barcelona, das in dieser Saison in 46 Pflichtspielen 125 Mal traf, ist die Lage des angeschlagenen FCB nicht recht. "Die Bayern haben vier oder fünf Mal die Champions League gewonnen sowie zig Mal die Meisterschaft. Ich bin sicher, dass sie nun mit noch mehr Wut zu uns kommen", warnt Trainer Josep Guardiola seine Stars, deren Wert auf 400 Millionen Euro taxiert wird. red/dpa

Auf einen Blick

Die Handgreiflichkeit Lukas Podolskis gegenüber Michael Ballack im Weltmeisterschafts-Qualifikationsspiel in Wales (2:0) am vergangenen Mittwoch beschäftigt die Staatsanwaltschaft. Es sei eine Strafanzeige gegen Podolski eingegangen, sagt der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld. Zuständig sei eigentlich die Staatsanwaltschaft am Tatort. Da sich der Vorfall aber in Cardiff ereignete, sei der Wohnort des vermeintlichen Täters ausschlaggebend, also München.

Es sei denkbar, dass ein Vorfall aus einem Sportereignis verfolgt werde, und zwar dann, wenn es im öffentlichen Interesse ist. So argumentiere auch die Person, die Podolski anzeigte: Es sei ein schlechtes Vorbild, vor Millionen TV-Zuschauern bei einer Meinungsverschiedenheit handgreiflich zu werden. Podolski hatte Ballack unter anderem geohrfeigt. dpa

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