Der andere Super-Seb

Trier · Erstmals findet die Deutschland-Rallye in diesem Jahr ohne ihren Seriensieger Sebastien Loeb statt. Dennoch wird am Sonntag wohl wieder ein Sebastien auf dem Siegerpodest stehen. VW-Pilot Sebastien Ogier dominiert die WM wie Loeb zu seinen besten Zeiten.

Manchmal würde Mikko Hirvonen am liebsten ins Lenkrad beißen. Vier Mal in den vergangenen fünf Jahren wurde der Finne am Saisonende Zweiter der Rallye-WM. Und immer war der gleiche Mann vor ihm: Sebastien Loeb, Super-Seb. Der französische Überflieger räumte neun Titel in Folge ab, ehe er sich im Winter in Altersteilzeit begab und nur noch bei ein paar ausgewählten Rallyes startet.

Damit schien der Weg frei für Hirvonen, zumal er die neue Nummer eins im Weltmeister-Team von Citroen wurde. Doch denkste. Schon wieder fährt ihm jemand vor der Nase herum - und wieder ist es ein Sebastien: Sebastien Ogier, der andere Super-Seb. Der 29-jährige VW-Pilot beherrscht die Rallye-WM in dieser Saison so wie Loeb zu seinen besten Zeiten, gewann fünf der bislang acht Saisonläufe und führt die WM-Tabelle mit 181 Punkten an - vor seinem Teamkollegen Jari-Matti Latvala und Ford-Pilot Thierry Neuville (je 91). Und das, obwohl VW erst in diesem Jahr in die WM eingestiegen ist und die Saison eigentlich als Lehrjahr eingeplant hatte.

Ein Typ wie Loeb

Ogier hasst Vergleiche mit Loeb. Dabei liegen sie nicht nur wegen des gleichen Vornamens auf der Hand: Beide sind Franzosen, beide fanden erst relativ spät mit Anfang 20 zum Rallyesport, beide machten vorher eine Sportart, die viel Gefühl für den Körper benötigt - Loeb war Turner, Ogier Skifahrer. Und beide haben den gleichen Fahrstil. Während Hirvonen eher nach dem Motto "quer ist mehr" über die Wertungsprüfungen driftet, fährt Ogier extrem sauber und eher unspektakulär. Das lernte er von Loeb.

Doch das Verhältnis von Lehrjunge und Meister ist angespannt. Beide waren 2011 Teamkollegen bei Citroen - und rasselten mehrfach aneinander. Loeb war der König, der Star. Doch Kronprinz Ogier, fast zehn Jahre jünger, muckte auf und machte dem Platzhirschen seine Stellung streitig. Bei der Deutschland-Rallye 2011 krachte es: Loeb forderte seinen Nummer-eins-Status ein, Ogier bekam ein Überholverbot verpasst. Das Ende vom Lied: Weil bei Loeb ein Reifen platzte, gewann Ogier die Rallye, kündigte aber danach frustriert seinen Vertrag mit Citroen und lief zu Neueinsteiger VW über. "Mir war klar, dass ich durch den Wechsel ein Jahr verlieren würde, um das Auto zu entwickeln", sagt Ogier: "Doch es lohnte sich."

Wechsel zahlt sich aus

Trotz seiner Dominanz ist der VW-Pilot überzeugt: "Alle Autos sind fast gleich stark. Manchmal scheint der Ford sogar schneller als unser Polo zu sein. Auch der Citroen ist noch immer gut, wir sehen das jedes Mal, wenn Loeb dabei ist." Bleibt der Faktor Fahrer. Vor allem das Citroen-Duo Hirvonen und Dani Sordo ist von der Rolle. Citroen-Chef Yves Matton geht mit seinen Fahrern hart ins Gericht: "Unser größtes Problem ist die Konstanz der Fahrer, sie machen den einen oder anderen Fehler." Vor der Deutschland-Rallye ist Hirvonen daher kleinlaut: "Wenn wir das gleiche Tempo wie bei den Tests anschlagen können, sollte der Kampf um das Podium möglich sein", erklärt er. Für Citroen, seit zwölf Jahren bei der Deutschland-Rallye ungeschlagen, sind das ungewohnte Töne.

Ogier dagegen strotzt vor Selbstbewusstsein. Zuletzt triumphierte er vor drei Wochen in Finnland. "Ich habe immer davon geträumt, diese Rallye zu gewinnen", sagt Ogier. Die Finnland-Rallye ist die Formel 1 im Wald - mit Tempo 180 geht es zwischen den Bäumen durch. In Deutschland könnte "Waldmeister" Ogier nun am Wochenende auch Weltmeister werden - wenn Latvala und Neuville nicht unter die ersten sieben kommen. So früh hat das noch nicht mal Loeb geschafft.

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HintergrundIm Feld der weltbesten Rallye-Piloten gibt auch ein ehemaliger Formel-1-Pilot Gas: Robert Kubica. Der Pole, der sich bei einem Rallye-Unfall 2011 schwer am rechten Arm verletzt hatte, kämpft in einem Citroen DS3 um den Titel in der Klasse WRC2. Dort haben die Autos rund 50 PS weniger, zudem darf Kubica eine Schaltwippe am Lenkrad benutzen, weil er den Arm noch immer nicht vollständig nutzen kann. Sein Ziel bleibt dennoch die Rückkehr in die Formel 1. "Ich werde keine Ruhe geben, bis ich nicht zumindest einen Test gefahren bin", sagt der 28-Jährige.Die Deutschland-Rallye startet heute um 16 Uhr vor dem Kölner Dom, es folgen noch zwei Wertungsprüfungen. Interessant aus saarländischer Sicht sind am Samstag die Wertungsprüfungen Peterberg (9.06 Uhr, 15.28 Uhr) und Panzerplatte Baumholder (10.29 Uhr, 16.51 Uhr). wip

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