Den goldenen Weg gibt es nicht

Was die Saarländer in der Fußball-Bundesliga zeigen, ist aller Ehren wert. Da ist ein Philipp Wollscheid (22) aus Morscholz, der zum Abwehrchef des 1. FC Nürnberg avancierte und aus der Stammelf nicht mehr wegzudenken ist

 Philipp Wollscheid ist beim Bundesligisten 1. FC Nürnberg zum Stammspieler und Abwehrchef herangereift. Foto: Karmann/dpa

Philipp Wollscheid ist beim Bundesligisten 1. FC Nürnberg zum Stammspieler und Abwehrchef herangereift. Foto: Karmann/dpa

Was die Saarländer in der Fußball-Bundesliga zeigen, ist aller Ehren wert. Da ist ein Philipp Wollscheid (22) aus Morscholz, der zum Abwehrchef des 1. FC Nürnberg avancierte und aus der Stammelf nicht mehr wegzudenken ist. Da ist ein Patrick Herrmann (20) aus Uchtelfangen, der jüngst beim 5:0-Kantersieg von Borussia Mönchengladbach gegen Werder Bremen als Torschütze zum 1:0 und herausragende Figur auf dem Feld brillierte. Und das ist der Rimlinger Kevin Trapp (21), der Stammtorhüter des 1. FC Kaiserslautern. Diese drei haben es geschafft, wie man so schön sagt.

Talente in der Warteschleife

Neben ihnen stehen weitere saarländische Talente auf dem Sprung in die Bundesliga und hatten in 2010 und 2011 mindestens einen Einsatz in den Jugend-Nationalmannschaften des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Für Manuel Zeitz (21), Florian Ballas (18, beide 1. FC Nürnberg), Steven Zellner (20, 1. FC Kaiserslautern), Erik Durm (19), Daniel Bohl (17, beide FSV Mainz 05), Patrick Schmidt (18), Yannick Nonnweiler (17, beide VfB Stuttgart), Gianni Gotthardt (17, TSV 1860 München) und Benno Mohr (16, 1. FC Saarbrücken) steht die große Profikarriere noch bevor.

Ob alle den Sprung schaffen, lässt sich schwer vorhersagen, sind doch so viele Faktoren einflussnehmend auf die Karriere eines Fußballers. Überhaupt ist unklar, welcher Weg der richtige ist. So sind die Entwicklungsprozesse von Wollscheid, Herrmann und Trapp vollkommen unterschiedlich. Während Trapp schon mit 15 Jahren das Elternhaus verließ und sich dem Bundesligisten aus der Pfalz anschloss, wollte Herrmann noch länger zuhause bleiben. "Ich habe mir den Schritt vorher noch nicht zugetraut. Außerdem haben wir damals mit dem FCS in der B-Jugend-Bundesliga gespielt, da habe ich den Schritt noch nicht für notwendig gehalten", sagt Herrmann. Mit 17 Jahren wechselte er nach Mönchengladbach, mit 18 gab er sein Bundesligadebüt gegen den VfL Bochum: "Da ging dann alles sehr schnell."

Phillipp Wollscheid wartete länger, bereut dies aber nicht. Er wechselte erst als Aktiver in Liga eins. Nach dem Wechsel nach Nürnberg ging jedoch auch bei ihm alles sehr schnell. Den gleichen Weg wählte Manuel Zeitz, der erst nach der vergangenen Drittliga-Saison beim FCS nach Nürnberg ging. Sein Durchbruch steht noch aus. "Zurzeit läuft es weniger gut", sagt Zeitz, der bislang nur in der Regionalliga-Mannschaft zum Einsatz kam: "Aber ich habe es so gewollt. Es war die richtige Entscheidung."

An Beispielen lässt sich der "goldene Weg zum Profi" also nicht festmachen. Und die Meinungen gehen ohnehin auseinander. Hans-Peter Jene, seit über 30 Jahren Jugendleiter beim FCS, hat klare Vorstellungen. "Die Spieler sollten so lange zuhause bleiben wie möglich. Nur ganz wenige, die schon während der Jugend weggehen, schaffen den Sprung. Patrick Herrmann ist eine Ausnahme", sagt der 68-Jährige. Manuel Zeitz stimmt da zu: "Für mich war es besser, erstmal erwachsen zu werden."

Anderer Meinung sind die "Ausreißer". Yannick Nonnweiler wechselte schon früh vom FCS in die U15 des Karlsruher SC. Nachdem er dort scheiterte, versuchte er es sich beim VfB Stuttgart. Dort spielt er inzwischen für die U19 in der Bundesliga. "Der Hauptgrund für den Wechsel war, dass ich beim VfB alles habe, was ich brauche. Es ist viel professioneller als im Saarland. Manche entwickeln sich vielleicht daheim besser, aber für mich ist das das Richtige. Ein neues Zuhause, neue Freunde, ein neuer Lebensabschnitt", sagt Nonnweiler.

Auch Florian Ballas sieht das so. "Allein die medizinische Abteilung ist professioneller", erklärt Ballas, der aufgrund eines Muskelrisses in der Beckengegend darauf angewiesen ist. Auch er wagte schon früh den Schritt nach Nürnberg, kam wieder zurück und versucht es nun erneut. Und er ist, wenn verletzungsfrei, als 18-Jährige Stammspieler in der U23: "Da geht es schon zur Sache." Orientieren will er sich an seinem Vereinskameraden Philipp Wollscheid. "Der hat alles richtig gemacht. Seine Karriere macht mir Mut", verrät Ballas.

"Es ist der schwierigste, aber auch der wichtigste Schritt", sagt Patrick Herrmann über den Wechsel weg von der Heimat. Trapp bestätigt: "Der Weg aus dem Elternhaus in ein neues Umfeld war auch für mich der größte Schritt." Einig sind sich hingegen alle Spieler bezüglich eines Aspekts: "Das kommt auf den Typ an" oder "das ist bei jedem anders" sind die in ihrer Sinnhaftigkeit gleichen Aussagen.

Glück und Förderung

Dass jedoch auf dem Weg zum Profi mehr dazugehört als der richtige Zeitpunkt und natürlich Talent, da stimmen auch alle überein. "Es gehören Glück und die richtige Förderung im Verein dazu", sagt Trapp. FCS-Jugendleiter Jene ergänzt: "Man braucht ein gutes Elternhaus, man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein, aber man braucht auch die richtige Unterstützung, um überhaupt seine Chancen zu bekommen. Patrick Herrmann hatte in Gladbach mit Michael Frontzeck einen Trainer, der auf junge Spieler gesetzt hat."

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Ehrgeiz. Horst Hrubesch, der Trainer der U19 des DFB, formuliert es so: "Man muss einfach mehr tun - und das ist Arbeit. Damit ist auch körperliche Arbeit gemeint." Das unterstreicht Herrmann: "Ehrgeiz ist das Wichtigste, das unbedingte Wollen. Ich wollte immer Bundesliga spielen und habe alles dafür getan." Auch für Zeitz zählt nur "der unbedingte Wille". Belegen lässt sich das an den Wegen von Herrmann und Kevin Feiersinger, die einst als Sturmduo für den FCS in der B-Jugend-Bundesliga spielten. Feiersinger verließ den FCS damals in Richtung FC Bayern. Heute spielt der 19-Jährige in Zweibrücken in der Oberliga. "Der Unterschied lag zu großen Teilen im Kopf. Patrick hatte eine gesunde Einstellung", sagt FCS-Jugendleiter Jene: "Kevin dachte damals, er wäre schon der Beste." Und das sei auf dem Weg nach oben nicht förderlich.

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