Saarland Hurricanes Defizite in Sachen Disziplin und Moral

Neunkirchen · Die Saarland Hurricanes arbeiten gerade ihre Abstiegssaison auf. Die Probleme, die zum Absturz führten, waren offenbar hausgemacht.

 Im ersten Saison-Heimspiel der Saarland Hurricanes gegen Stuttgart Scorpions kamen Ende April 1600 Zuschauer ins Neunkircher Ellenfeldstadion. Sie sahen einen 31:21-Erfolg der Canes – und keiner ahnte damals, dass es der letzte Saisonsieg 2017 war.

Im ersten Saison-Heimspiel der Saarland Hurricanes gegen Stuttgart Scorpions kamen Ende April 1600 Zuschauer ins Neunkircher Ellenfeldstadion. Sie sahen einen 31:21-Erfolg der Canes – und keiner ahnte damals, dass es der letzte Saisonsieg 2017 war.

Foto: Andreas Schlichter

Die Saison ist gespielt, der Verein abgestiegen, der Schock noch nicht wirklich verdaut. Jetzt stellen sich beim künftigen American-Football-Zweitligisten Saarland Hurricanes mindestens zwei Fragen. Die erste ist die Frage nach dem Wie: Wie konnte ein Meisterschaftskandidat zum chancenlosen Absteiger werden? Und die wohl noch dringlichere Frage ist die, wie es mit dem Verein nach dem bitteren Gang in die Zweitklassigkeit nun weitergeht.

„Ich bin ehrlich gesagt noch ziemlich geschockt“, sagt Joachim Klein, der Chef des Hurricanes-Aufsichtsrats: „Wir müssen die Dinge jetzt erstmal genau analysieren und versuchen zu verstehen, wie das passieren konnte. Daraus müssen dann die richtigen Schritte abgeleitet werden.“ Wie schon Felix Motzki, der in dieser Saison den US-Amerikaner Tom Smythe im Traineramt ersetzt hatte und von „tiefgehenden Problemen im Mannschaftsgefüge“ sprach, sieht auch Klein das Scheitern der Hurricanes in Fehlentscheidungen der handelnden Personen.

„Im Erfolg der vergangenen Jahre haben wir vergessen, genauer hinzuschauen“, sagt Klein und stellt als unbequeme Wahrheit fest: „Es gab einige Defizite in Disziplin und Moral, die man im sportlichen Bereich nicht sehen wollte, als man oben mitgespielt hat. In dieser Saison hat der Vorstand reagiert und den Trainer freigestellt – da war es aber vielleicht schon zu spät.“

Jetzt geht es also an die Planung für die 2. Bundesliga, in die die Hurricanes bereits vor zehn Jahren schon einmal abgestiegen waren. Damals war die Situation aber eine komplett andere – die Canes galten als Abstiegskandidat und wurden nicht so wie jetzt „aus dem prallen Leben geworfen“, wie Joachim Klein die aktuelle Situation bewertet. Deswegen muss sich der Verein nun komplett neu aufstellen. Mit Felix Motzki und seinem Bruder Paul, bis dato sportlicher Leiter, sind zwei der wichtigsten Gesichter der Hurricanes weg. Es muss ein neuer Trainerstab her, und die Kaderplanung muss vorangetrieben werden.

„Die Trainersuche ist das Wichtigste in den nächsten Wochen – wir führen schon mit einigen Kandidaten intensive Gespräche“, sagt Canes-Geschäftsführer Torsten Reif: „Daneben müssen wir schauen, welche Spieler bereit sind, auch in der 2. Liga für uns Gas zu geben, und wer in der Gegend ansonsten verfügbar ist.“ Wichtig ist dabei vor allem die Suche nach einem neuen Quarterback, nachdem sich der bisherige Spielmacher Alexander Haupert während der Saison einen Kreuzbandriss zugezogen hat und langsam aufgebaut werden muss. Die Wahrscheinlichkeit, dass er in der kommenden Saison schon wieder zum Einsatz kommt, ist als eher gering einzuschätzen. Bestenfalls soll ein amerikanischer Neuzugang als Ersatz ins Saarland kommen.

Doch trotz der Suche nach externen Neuzugängen beteuert Reif, „dass wir keinen Paradigmenwechsel ansteuern“. Seit Jahren sind die Hurricanes für ihre Jugendarbeit bekannt, die unter anderem die Nationalspieler Haupert und Leon Helm hervorgebracht hat. „Unser Hauptaugenmerk liegt auch in der 2. Liga auf der Talentförderung – wir werden jetzt nicht in eine komplett andere Richtung gehen“, sagt Reif: „Trotzdem denke ich, dass es wichtig sein wird, einen neuen Schwerpunkt im Training zu setzen. Wir müssen weiter vorwärtsgehen. Wie genau das aussehen wird, besprechen wir mit dem neuen Trainer.“

Konkrete Ziele für die neue Saison wollen die Hurricanes daher vorerst nicht nennen. Zuerst müssen die sportliche Verantwortlichkeit geklärt, Planungssicherheit geschaffen sowie eine neue Philosophie herausgearbeitet werden. „Von mir aus könnten wir am liebsten sofort aufsteigen“, sagt Aufsichtsrats-Chef Klein, ergänzt aber: „Wir werden erst Gespräche führen und Veränderungsprozesse einleiten, bevor wir uns auf eine Zielsetzung einigen.“ Zu präsent ist das katastrophale Scheitern nach zu hoch gesteckten Zielen in der abgelaufenen Saison.

Daneben gibt es noch organisatorische Dinge zu klären. Wegen des Abstiegs haben die Hurricanes „natürlich weniger Wirtschaftskraft als die Mitbewerber“, sagt Joachim Klein. Deswegen wird die Suche nach Sponsoren in diesem Jahr schwieriger. Damit verbunden ist die Spielstätte der Canes, die wohl trotz der Zweitklassigkeit weiterhin im Neunkircher Ellenfeldstadion spielen werden. „Ich denke nicht, dass von der Borussia ein Rückzieher kommen wird“, sagt Torsten Reif.

Gleichzeitig hofft der Geschäftsführer auch in der 2. Liga auf die Unterstützung der Fans, die im ersten Heimspiel der Saison gegen Stuttgart (31:21) noch einen Zuschauerrekord von 1600 aufgestellt hatten. Durch die Niederlagenserie halbierte sich diese Zahl im Laufe der Saison allerdings. „Ich denke nicht, dass die Leute einen Unterschied sehen werden“, sagt Reif: „Auch in der 2. Liga wird guter und spektakulärer Football gespielt.“

 Joachim Klein, Aufsichtsrats-Chef der Saarland Hurricanes.

Joachim Klein, Aufsichtsrats-Chef der Saarland Hurricanes.

Foto: Andreas Schlichter
 Der Ausfall von Spielmacher Alexander Haupert wog schwer.

Der Ausfall von Spielmacher Alexander Haupert wog schwer.

Foto: Wieck/Thomas Wieck

Nun bleibt nur noch zu hoffen, „dass wir nicht zur Fahrstuhlmannschaft werden“, wie Joachim Klein sagt: „Der erste Abstieg hatte was für sich. Wir sind gestärkt zurückgekommen. Ich hoffe, dass es dieses Mal ähnlich verlaufen wird.“

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