Das tapfere ScheiderleinRaketenstart war Scheiders Schlüssel zum Sieg

Hockenheim. In der Auslaufrunde bleibt Timo Scheider vor der Tribüne mit den Audi-Fans stehen, klettert aus dem Auto, springt aufs Dach - und lässt sich ausgelassen von den Fans feiern. Mit seinem dritten Saisonsieg hat sich der Audi-Pilot gerade den Titel in der DTM gesichert

 Timo Scheider feiert seinen größten Triumph. Foto: Padusch

Timo Scheider feiert seinen größten Triumph. Foto: Padusch

Hockenheim. In der Auslaufrunde bleibt Timo Scheider vor der Tribüne mit den Audi-Fans stehen, klettert aus dem Auto, springt aufs Dach - und lässt sich ausgelassen von den Fans feiern. Mit seinem dritten Saisonsieg hat sich der Audi-Pilot gerade den Titel in der DTM gesichert. Für den gebürtigen Lahnsteiner ist es erst der zweite Titel in 20 Jahren Rennsport nach dem Gewinn der Formel Renault 1995.

In den vergangenen Jahren galt Scheider als der Nick Heidfeld der DTM: schnell, talentiert, tüchtig - aber letztlich erfolglos. Seit dem Jahr 2000 fährt er bereits in der DTM - doch erst im April dieses Jahres, im 79. Anlauf, gelang ihm in Oschersleben sein erster Rennsieg. Und das, obwohl er in den Nachwuchsserien zuvor stets einer der Titelkandidaten war und sogar von Schumacher-Manager Willi Weber betreut wurde.

Doch der erhoffte Sprung in die Formel 1 gelang nie. Fünf Jahre lang fuhr Scheider mit Opel in der DTM unter dem Motto Pleiten, Pech und Pannen. Nur einmal, 2003, führte er in Zandvoort das Rennen im unterlegenen Opel Vectra klar an. Doch beim Boxenstopp zog sein Team das linke Vorderrad nicht fest - ausgangs der Boxengasse kullerte es auf und davon, Scheider blieb stehen.

Die Opel-Zeit "hat schon ein bisschen an meiner Vita gekratzt", gibt Scheider zu. 2005 fand er überhaupt kein Cockpit mehr in der DTM - und beendete danach enttäuscht die Zusammenarbeit mit Manager Weber. "Damals war ich völlig am Boden. Niemand hat mehr mit mir gerechnet." Doch ein Jahr später kehrte er in einem Audi-Jahreswagen in die DTM zurück. Von da an ging es aufwärts. Auch dank eines Rituals, denn wie viele Motorsportler ist Scheider abergläubisch: Vor dem Einsteigen streichelt er dreimal mit der Hand über die Holmen des Autos, tätschelt das Dach. "Das ist immer so, ich mache das vor jedem Rennen, und ich rede dann auch mit meinem Auto", gibt Scheider zu.

"In der Form seines Lebens"

Vor genau einem Jahr gelang ihm in Hockenheim der erste Podestplatz. Damit war der Knoten geplatzt. "Er fährt gerade in der Form seines Lebens", sagt Mercedes-Rivale Jamie Green. Bei sechs der elf DTM-Rennen stand Scheider in der ersten Startreihe, viermal davon ganz vorne. Dass er trotzdem bis kurz vor der Ziellinie um den Titel zittern musste, lag weniger an ihm. Nur einen Fehler erlaubte er sich - einen Frühstart in Mugello, der ihn viele Punkte kostete. Zweimal aber, am Nürburgring und zuletzt in Le Mans, schickte ihn sein Team wegen falscher Wetterprognosen mit den falschen Reifen auf die Strecke. Doch auch davon ließ sich Scheider, der mit seiner Verlobten Jasmin Rubatto (Tochter des Motorrad-Rennfahrers Peter Rubatto) und dem fünfjährigen Sohn Loris Romeo in Österreich lebt, nicht aufhalten. Hockenheim. Mit einem Raketenstart ist Timo Scheider zu seinem ersten DTM-Titel gefahren. Bereits auf den ersten Metern schoss der Audi-Pilot beim DTM-Saisonfinale in Hockenheim von Platz drei aus in Führung und ließ auch dem vor ihm gestarteten Titelkonkurrenten Paul di Resta (Mercedes) keine Chance. Anschließend kontrollierte der Deutsche das Tempo an der Spitze souverän. Im Ziel hatte Scheider vor der DTM-Rekordkulisse von 165000 Zuschauern einen Vorsprung von 3,06 Sekunden auf di Resta. In der Endabrechnung siegte er nach einem der spannendsten Titelrennen der DTM-Geschichte mit 75 Punkten vor dem Schotten (71). Mercedes-Sportchef Norbert Haug zeigte sich als fairer Verlierer: "Ich freue mich für Timo. Er hat lange für diesen Titel gekämpft und ihn verdient."

Kritik gab es dagegen an die Adresse von Audi-Pilot und Vorjahres-Champion Mattias Ekström, der Paul di Resta in der ersten Runde ins Auto gefahren war. Der Schotte tobte: "Nach der Kollision war mein Auto nicht mehr so gut wie vorher. Vielleicht hätte ich sonst noch mal angreifen können."

Der St. Ingberter Bernd Schneider (Foto: Reuters), der nach über als 30 Jahren im Rennsport sein letztes Rennen bestritt, belegte mit 15,3 Sekunden Rückstand Platz sechs. "Es hat viel Spaß gemacht, vor allem in den letzten Runden. Aber ich hätte gerne noch ein besseres Ergebnis mit nach Hause gebracht", sagte der 44-Jährige nach einem bewegenden letzten Arbeitstag. 6500 Fans auf der Mercedes-Tribüne hatten in der Einführungsrunde mit Schildern die Worte "Danke, Bernd" gebildet. wip

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