Die Alptraum-Nacht von Liverpool schlug allen Dortmundern aufs Gemüt. Für Kapitän Mats Hummels war es ein "herber Rückschlag", für Vereinschef Hans-Joachim Watzke eine "tiefe Enttäuschung" und für Trainer Thomas Tuchel ein "verpasster Meilenstein". Mit hängenden Köpfen schlichen die Profis von dannen, während der einstige BVB-Trainer Jürgen Klopp die Ovationen der heimischen Fans genoss. "Wir müssen das schnell abschütteln, so schrecklich wie es sich im Moment auch anfühlt", sagte Dortmunds Julian Weigl nach der 3:4 (2:0)-Niederlage im Spektakel ohne glückliches Ende.

Binnen weniger Minuten schlug der Stolz der Borussen über eine famose Vorstellung und eine scheinbar sichere 2:0- sowie 3:1-Führung in Entsetzen um. Der Treffer von Dejan Lovren in der Nachspielzeit riss sie aus allen Träumen vom Einzug in das zum Greifen nahe Halbfinale der Europa League. Hummels sagte: "Wir haben auf einmal Schiss bekommen. Das war der realistischste Titel, der in dieser Saison rumlag."

Vier Tage nach der beim 2:2 beim FC Schalke wohl endgültig verspielten Meisterschaft musste der BVB den zweiten Titel abschreiben. Viel Zeit zur Frustbewältigung bleibt nicht. Am Mittwoch steht im DFB-Pokalhalbfinale bei Hertha BSC die nächste wichtige Partie an. Eine weitere Niederlage könnte die Stimmung deutlich trüben und Vertragsverhandlungen mit Leistungsträgern wie Hummels, Ilkay Gündogan und Henrich Mchitarjan erschweren. "Uns mit solch negativen Szenarien zu beschäftigen, wäre das Schlimmste, was wir im Moment tun könnten", sagte Trainer Tuchel.

Anders als Tuchel hatte Klopp allen Grund zur Freude. Schließlich wahrte Liverpool mit dem Einzug in das Halbfinale die Chance auf den Titelgewinn und damit auf die aus finanziellen Gründen immens wichtige Qualifikation für die Champions League. Eine bessere Dramaturgie hätte sich der einstige Dortmunder Trainer kaum wünschen können. Seine Profis erwiesen sich am Donnerstagabend als "Mentalitäts-Monster". Sie drehten mit unbändigem Einsatz das Ergebnis und bescherten Klopp den größten Triumph seit seinem Start beim FC Liverpool im Oktober. "Es war eine wundervolle Nacht", schwärmte Klopp, "so etwas passiert selten. Aber wenn es passiert, vergisst du es nie". Das sehen die Medien in England auch so. "Der Tag, an dem Jürgen Klopp seine Reise von Gelb zu Rot beendete", schrieb die Zeitung "Sun".Während Jürgen Klopp und seine "Mentalitäts-Monster" vom FC Liverpool im Halbfinale in der Europa League auf den FC Villareal treffen, misst sich der FC Bayern München im Halbfinale der Champions League mit dem anderen "Leidenschafts-Monster" im europäischen Fußball: Atlético Madrid . Das ergab die Auslosung am Freitag.

Die defensivstarke Atlético-Mannschaft von Trainer Diego Simeone hatte im Viertelfinale Titelverteidiger FC Barcelona ausgeschaltet, was dem FC Bayern großen Respekt abnötigt. "Barcelona ist die beste Mannschaft der letzten zehn Jahre. Das zeigt, wie stark Atlético ist. Die Mannschaft hat ein großes Herz und eine sehr gute Mentalität - und eine der besten Defensivreihen in Europa", lobte Trainer Pep Guardiola den Gegner aus der Primera Division, der in Simeone "einen der besten Trainer der Welt" habe.

Sportvorstand Matthias Sammer sprach von einem "Leidenschafts-Monster" und einer "extremen und großen Prüfung" am 27. April im Stadion Vicente Calderón in Madrid und am 3. Mai in der Münchner Allianz Arena. Atlético hat im Antoine Griezmann und in Fernando Torres offensiv einiges zu bieten. Doch der Champions-League-Finalist von 2014 lebt vor allem von seiner starken Defensive um Diego Godin.

Im zweiten Halbfinale der Königsklasse stehen sich Manchester City und Real Madrid gegenüber. Das zweite Halbfinale in der Europa League bestreiten Schachtjor Donezk und der FC Sevilla .