Das politische Spiel

Berlin. Es ist ein ziemlich fröhliches Bild gewesen, das die kreischenden Repräsentanten aus der Republik Nordkorea am Sonntagabend auf der blauen Laufbahn des Berliner Olympiastadions abgaben

 Die Flagge Nordkoreas während der WM-Eröffnungsshow. Foto: dpa

Die Flagge Nordkoreas während der WM-Eröffnungsshow. Foto: dpa

Berlin. Es ist ein ziemlich fröhliches Bild gewesen, das die kreischenden Repräsentanten aus der Republik Nordkorea am Sonntagabend auf der blauen Laufbahn des Berliner Olympiastadions abgaben. Direkt vor der Haupttribüne hatte sich die junge Gruppe aus ungefähr 80 Jungs und Mädchen platziert; sie schwenkten nordkoreanische Fahnen und Flaggen; sie winkten dem Publikum zu; sie trugen farbige Hosen und rote Trikots und hatten sich die Gesichter bemalt. Und vor allem hatten sie Spaß und Freude, ein Teil der Eröffnungsfeier der Frauen-WM zu sein. Doch dummerweise hatten diese Berliner und Brandenburger Schüler damit auch den größten Gegensatz zwischen Wunsch und Wirklichkeit dieser Veranstaltung charakterisiert.Denn die Wahrheit ist, dass die Fußballerinnen aus dem sozialistisch geführten 24-Millionen-Volk für zwanghafte Verbissenheit, totale Abschottung und politische Einflussnahme stehen. Den Slogan, "20Elf von seiner schönsten Seite" zu zeigen, tritt sie mit Füßen. Alles, was irgendwie beim Aufenthalt in Leipzig oder Dresden zur Völkerverständigung hätte beitragen können, hat diese Delegation abgesagt; bei Trainingseinheiten in Dresden haben deutsche Sicherheitskräfte an der Geheimhaltung mitgewirkt, als wären unerwünschte Blicke auf einen Fußballplatz ein Terrorakt auf freiheitliche Werte.

Trainer Kim Kwan-Min, wie alle Verbandsangestellten linientreuer Erfüllungsgehilfe im Sinne des "geliebten Führers" Kim Jong-Il, verteidigte die Kasernierung mit dem lapidaren Hinweis: "Man hat uns gegen Deutschland und gegen Kanada gesehen, jeder kennt jetzt unsere Stärken und Schwächen." Was gelogen ist, weil ein halbes Dutzend Stammspielerinnen fehlten. Der finale Test in Halle/Saale (3:0 gegen England) fand dann unter absurden Verschleierungstaktiken statt. Denn nichts würde die Propagandamaschinerie Nordkoreas so schmieren wie ein Erfolg heute im Auftaktspiel gegen die USA (18.15 Uhr).

Offiziell gibt sich Chefcoach Kim Kwang-Kin beinahe unterwürfig: "Dass wir der Geheimfavorit sein sollen, überhöre ich. Die Amerikanerinnen sind Weltranglisten-Erster, wir Achter." Die US-Stürmerin Abby Wambach glaubt indes: "Das Ding von Nordkorea ist, dass sie es mögen, wenn sie geheimnisvoll bleiben. Schon bei der WM 2007 haben sie uns ein hartes Spiel geliefert." Damals in China endete es 2:2, 2003 und 1999 auf amerikanischem Boden unterlag Nordkorea jeweils 0:3. Wie das vierte Vorrundenduell ausgeht - das von der deutschen Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus geleitet wird - ist angesichts der Indoktrinierung kaum vorauszusagen.

Bevor der Anpfiff ertönt, müssen sich die Spielerinnen beider Teams die Hand reichen - so sieht es das Fifa-Reglement vor. "Die Hoffnung ist, dass über so ein Spiel vielleicht große betonierte Mauern einbrechen", hofft die Grünen-Chefin Claudia Roth. Dabei weiß sie zu gut, dass das zwischen dem DFB und nordkoreanischen Verband unterzeichnete "Memorandum des Verständnis" bislang nur einseitig interpretiert wurde - indem sich die Nordkoreaner die Trainingslager bezahlen ließen. Nun soll es noch einen Versuch geben: DFB und Fifa laden alle Parteien zu einem friedvoll-fröhlichen Galadinner. Der US-Botschafter hat bereits abgesagt.

saarbruecker-zeitung.de/

frauen-wm

"Sie mögen es, wenn sie geheimnisvoll bleiben."

US-Stürmerin

Abby Wambach

über Nordkorea

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