Das Phantomtor wird Realität

Frankfurt · Einer der spektakulärsten Verhandlungen vor dem DFB-Sportgericht dauerte nur eineinhalb Stunden. Dann entschied das Gericht: Das Phantomtor von Stefan Kießling gegen Hoffenheim behält seine Gültigkeit.

Das Skandalspiel von Hoffenheim mit Stefan Kießlings Phantomtor wird nicht wiederholt. Dieses Urteil fällte das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gestern in Frankfurt. "Fragen Sie uns nicht, ob uns das Urteil unter sportlichen Gesichtspunkten gefällt. Ein Einspruchsgrund liegt aber nicht vor", sagte der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz nach der 90-minütigen Verhandlung. "Die Entscheidung war zwar falsch, aber unumstößlich", kommentierte der Jurist die Situation beim irregulären Treffer Kießlings im Bundesligaspiel zwischen Hoffenheim und Bayer Leverkusen. Schiedsrichter Felix Brych hatte das Tor des Stürmers zum 2:0 anerkannt, obwohl der Ball durch ein Loch im Netz von außen ins Tor geflogen war. Die Partie endete 2:1 für Leverkusen und wird nun entsprechend gewertet. Hoffenheim kann gegen das Urteil Berufung beim DFB-Bundesgericht einlegen.

Lorenz hatte zum Auftakt ausdrücklich die Unabhängigkeit des Gremiums von der Fifa erklärt. Der 62-Jährige aus Mainz folgte mit seiner Entscheidung aber der Auffassung des Weltverbandes, der in der Vergangenheit immer auf die Tatsachenentscheidung der Schiedsrichter gepocht hatte. "Bei einem solchen Fall sehen alle schlecht aus", sagte Lorenz.

Anton Nachreiner hatte als Vorsitzender des DFB-Kontrollausschusses dafür plädiert, das Spiel nicht zu wiederholen: "Es liege kein Regelverstoß von Brych vor. Auch wenn einem das Herz bluten mag, hat hier eine Tatsachenentscheidung stattgefunden, die nicht revidierbar ist. Es bleibt kein Raum für eine Spielwiederholung, auch wenn das dem Gerechtigkeitsempfinden nicht unbedingt entsprechen mag", sagte der Jurist. Brych und seine Assistenten Mark Borsch und Markus Wingenbach hatten glaubhaft gemacht, dass Brych nach dem irregulären Tor mit seinen Linienrichtern Blickkontakt hatte beziehungsweise per Headset mit ihnen sprach. Brych hatte das Phantomtor nicht gesehen, da ihm Spieler die Sicht versperrten. "Ich habe gedacht, der Ball geht am Tor vorbei. Ich habe den Ball aus den Augen verloren durch eine Sichtbehinderung", erklärte Brych. "Danach habe ich gesehen: Der Ball lag im Tor."

Zeuge Kießling dachte, 1899-Torwart Koen Casteels hätte den Ball ins Netz gelenkt. "Ich sehe den Ball Richtung Außennetz fliegen, die Sicht war versperrt, ich sehe den Einschlag nicht, aber dass der Ball dann im Tor war", sagte Kießling.

Die TSG 1899 Hoffenheim ließ offen,, ob sie Einspruch einlegt. "Wir prüfen das", sagte Alexander Rosen, Leiter Profifußball des Bundesligisten, "wir sind zunächst unheimlich enttäuscht." Richter Lorenz hatte Verständnis und gab den Funktionären mit auf den Weg: "Solche Fälle wären leicht vermeidbar, wenn man sich durchringen könnte, die Torlinientechnik einzusetzen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort