Das neue Leben der Huaiwen Xu

Saarbrücken. Die deutsche Badminton-Nationalmannschaft tritt ab heute bis zum 21. Februar bei der Team-EM in Warschau an. Die Damen müssen sich in der Gruppe D gegen Island, Spanien, Schweden behaupten. Es ist die erste Team-EM ohne Huaiwen Xu

 Ex-Weltklasse-Badmintonspielerin Huaiwen Xu vor der Silhouette ihres neuen Lebensmittelpunktes in den USA, der Stadt Seattle. Xu hat dem Leistungssport Lebewohl gesagt und studiert jetzt BWL und Sport. Foto: SZ

Ex-Weltklasse-Badmintonspielerin Huaiwen Xu vor der Silhouette ihres neuen Lebensmittelpunktes in den USA, der Stadt Seattle. Xu hat dem Leistungssport Lebewohl gesagt und studiert jetzt BWL und Sport. Foto: SZ

Saarbrücken. Die deutsche Badminton-Nationalmannschaft tritt ab heute bis zum 21. Februar bei der Team-EM in Warschau an. Die Damen müssen sich in der Gruppe D gegen Island, Spanien, Schweden behaupten. Es ist die erste Team-EM ohne Huaiwen Xu. In dem noch jungen Wettbewerb war die fünffache deutsche Meisterin maßgeblich daran beteiligt, dass die Damen sowohl 2006 in Thessaloniki als auch 2008 im niederländischen Almere Bronze gewinnen konnten.

Doch Xu ist nicht mehr da - im Juli 2009 brach sie ihre Zelte im Saarland ab und zog mit Ehemann Bin in die USA. An der University of Washington in Seattle studiert die 33-Jährige BWL und Sport. Die Mannschafts-EM ist weit weg. Über das internationale Badminton-Parkett ist Xu eh nur spärlich informiert. "Was in der Badminton-Welt so passiert oder wie meine Ex-Mannschaftskollegen abschneiden, davon bekomme ich kaum etwas mit. Mir fehlt die Zeit, mich schlau zu machen", sagt die gebürtige Chinesin mit deutschem Pass.

Dass der 1. BC Bischmisheim schon die Qualifikation für die Play-offs feiern konnte, erfuhr sie vom vereinseigenen Newsletter via E-Mail. Doch der Kontakt ist nicht ganz abgerissen: Mit Kristof Hopp steht sie in Verbindung, auch zu Ingo Kindervater, Marc Zwiebler, Bundestrainer Jeroen van Dijk und dessen Frau hat Xu noch einen guten Draht - wenn es ihr Terminplan erlaubt.

Die zweimalige Europameisterin hat viel zu tun. Ein 14- bis 15-Stunden-Tag ist Normalität. "Als aktive Sportlerin hatte ich mehr Freizeit", bekräftigt die 64-fache Nationalspielerin. Ihr erstes Semester an der Uni hat sie erfolgreich hinter sich gebracht - alle Prüfungen bestanden. "Es war eine Plackerei", gesteht sie, "ich habe 25 Jahre Badminton gespielt. Jetzt musste ich mich erst daran gewöhnen, täglich hinter dem Schreibtisch zu sitzen."

Auch sonst war die Umstellung groß. "Hier ist alles anders. Es ist vergleichbar mit dem Gefühl, als ich von China nach Deutschland kam", erzählt Xu. Mittlerweile hat sie sich aber gut eingelebt. "Am Anfang hatte ich ein wenig Heimweh. Aber jetzt habe ich schon eine Menge netter Leute kennen gelernt."

Mit Ehemann Bin lebt sie in Bellevue - einer 117 000 Einwohner großen Stadt östlich von Seattle. Sie wohnen dort bei einer befreundeten Chinesin. "Das WG-Leben klappt prima", erzählt Xu, die wöchentlich 20 Stunden in der Halle des Bellevue Badminton Clubs steht und Kinder und Jugendliche trainiert. Die Arbeit mit dem Nachwuchs macht der zweifachen WM-Dritten Spaß. Sie selbst trainiert überhaupt nicht mehr. Das hat auch sein Gutes: Die Knieschmerzen, die Beschwerden mit dem Ellenbogen - alle Wehwehchen sind verflogen.

Über Weihnachten gönnte sie sich eine kleine Auszeit - einen Urlaub auf Hawaii. "Das war mein erstes Weihnachten im Sommer. Die Nikoläuse trugen Bikini. Es gab Palmen statt Tannenbäume. Das ist ein ganz anders Gefühl - ohne weihnachtliche Stimmung. In dem Moment habe ich Deutschland schon vermisst", erzählt sie mit Wehmut in der Stimme. Wann sie das nächste Mal wieder hier sein wird, kann sie nicht sagen: "Erstmal versuche ich, im Juni zu meinen Eltern nach China zu fliegen. Aber auch da muss ich schauen, ob ich das zeitlich schaffe." Doch trotz der wenigen Zeit - ans Daumendrücken für die Deutschen wird Xu denken: "Das ist doch Ehrensache." "Ich musste mich

erst daran gewöhnen,

täglich hinter dem Schreibtisch zu sitzen."

Huaiwen Xu über das "Studentenleben"

Hintergrund

Die Team-EM in Warschau, die heute beginnt, gilt als Qualifikation für die WM im Mai in Malaysia, den so genannten Thomas- und Uber-Cup. Im Unterschied zum Sudirman-Cup, bei dem mit gemischten Mannschaften gespielt wird, wird bei der Team-EM und WM mit reinen Herren-Teams (Thomas-Cup) und reinen Frauen-Teams (Uber-Cup) gespielt. Die drei Erstplatzierten von Warschau qualifizieren sich für die Endrunde, bei den Damen vielleicht noch der Vierte.

Die deutschen Herren sind in der Gruppe D mit Bulgarien (Dienstag, 18 Uhr), Schottland (Mittwoch, 14 Uhr) und Tschechien (Donnerstag, 18 Uhr) Favorit, genau wie die deutschen Damen, die in Gruppe D auf Island (Dienstag, 14 Uhr), Spanien (Mittwoch, 10 Uhr) und Schweden (Donnerstag, 14 Uhr) treffen. Es werden jeweils drei Einzel und zwei Doppel gespielt. Der Gruppensieger erreicht das Viertelfinale. Von Bundesliga-Tabellenführer 1. BC Bischmisheim spielen Kristof Hopp, Johannes Schöttler, Marcel Reuter, Michael Fuchs, Dieter Domke und Carola Bott in Warschau. mwe

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