Das Ende eines Missverständnisses

Hamburg · Der Wechsel von Nationalspieler Julian Draxler vom Bundesligisten VfL Wolfsburg zum französischen Meister Paris St. Germain ist weitgehend perfekt. Nur um die Ablösesumme wird derzeit noch gefeilscht.

Eines der krassesten Missverständnisse der Fußball-Bundesliga steht vor dem Ende. Julian Draxler und der VfL Wolfsburg - das hat nie so richtig gepasst. Und so steht der Nationalspieler vor dem Absprung auf die große Bühne, mit Paris St. Germain sind die Gespräche so gut wie abgeschlossen. Der VfL Wolfsburg konnte den Wechsel bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht bestätigen.

Wolfsburg hatte gehofft, der 23-Jährige werde in Wolfsburg die Rolle einer Identifikationsfigur übernehmen. Doch Draxler sah den Werksverein trotz eines Vertrags bis 2020 immer nur als Zwischenstation zu einem europäischen Topclub mit Strahlkraft. Er reagierte bockig, als die Niedersachsen im August einem vorzeitigen Wechsel nach Paris nicht zustimmten. "Ein Spieler muss vielleicht auch mal damit leben, dass etwas nicht so läuft, wie er sich das vorstellt", sagte der damalige VfL-Sportchef Klaus Allofs und reagierte damit auf Vorhaltungen Draxlers, man habe mündliche Versprechungen bezüglich eines vorzeitigen Wechsels nicht eingehalten.

Immerhin: Der letztjährige deutsche Pokalsieger dürfte beim fast perfekten Transfer wenig bis gar nichts draufzahlen. Denn mindestens die 35 Millionen, die die Niedersachsen vor 16 Monaten an Schalke 04 überwiesen hatten, werden nun wieder in die eigene Kasse fließen.

Seine Entscheidung, den kapriziösen Jungstar seinerzeit noch nicht ziehen zu lassen, hat Allofs selbst mittlerweile als einen Fehler eingestuft. Aber auch der ebenfalls nicht mehr in Wolfsburg arbeitende Cheftrainer Dieter Hecking wollte auf Draxler, der im Sommer eine passable Europameisterschaft gespielt hatte, aus sportlichen Gründen nicht verzichten.

Offenkundig war für die Fans nur, dass der Mittelfeldspieler an seine EM-Form im Liga-Alltag nicht anknüpfen konnte - oder nicht wollte. Lustlos stolzierte er wochenlang über die Fußball-Grüns der Liga. Erst nach einer Suspendierung riss sich Draxler am Riemen und lieferte zum Abschied noch zwei Torvorlagen. Selbst sprechen mochte der Profi mit der äußerlichen Attitüde eines braven Milchbubis da aber schon längst nicht mehr. "Es ist alles gesagt" - diese Floskel wiederholte Draxler nahezu wöchentlich. Nun wird er wieder mehr reden müssen, vorzugsweise auf Französisch.

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