Das Ende einer Lauterer Ära

Kaiserslautern · Der frühere Nationalspieler Stefan Kuntz löst seinen Vertrag als Vorstandsvorsitzender des 1. FC Kaiserslautern auf und verlässt den Klub nach acht Jahren an der Spitze. In der Pfalz geht eine Ikone.

Stefan Kuntz wirft das Handtuch. Der Vorstandsvorsitzende des Fußball-Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern wird seinen bis Ende 2017 laufenden Vertrag nach der laufenden Saison vorzeitig beenden. "Es gab zwischen mir und dem Aufsichtsrat in den letzten Wochen unterschiedliche Auffassungen über die strategische Ausrichtung des Vereins", erklärte Kuntz gestern. Streitpunkt war unter anderem die Verpflichtung von Neuzugängen im Winter. "Die Zuschauereinnahmen sind rückläufig, die Einnahmen durch die TV-Gelder könnten nach dieser Saison ebenfalls geringer ausfallen. Wir wollen lieber Kräfte sammeln, statt die Ausgabenseite durch Transfers weiter zu belasten", sagte der neue Aufsichtsratsvorsitzende Nikolai Riesenkampff.

Kuntz und FCK-Trainer Konrad Fünfstück hatten sich zuvor für die Verpflichtung von Verteidiger Emanuel Pogatetz ausgesprochen - doch der Aufsichtsrat legte sein Veto ein. "Diese unterschiedlichen Auffassungen in Sachen Risiko-Einschätzung wären in Zukunft immer wieder aufgeschlagen. Deshalb habe ich entschieden, den Weg frei zu machen", erläuterte Kuntz.

Teile der Anhänger machen den 53-jährigen schon länger für die sportliche Stagnation der Pfälzer verantwortlich. Darüber hinaus waren immer wieder Vorwürfe laut geworden, Kuntz beschönige die angespannte finanzielle Situation des Vereins. Auf der Jahreshauptversammlung im Dezember entlud sich die negative Stimmung. Kuntz wurde nur noch von etwas mehr als 60 Prozent der anwesenden Mitglieder entlastet. Dem damaligen Aufsichtsratsboss Dieter Rombach wurde die Entlastung sogar komplett verweigert. Rombach trat daraufhin zurück, Riesenkampff übernahm den Posten - seitdem ist Kuntz` Rückhalt im Aufsichtsrat am Bröckeln. Amtsmüde sei er zwar nicht, versicherte Kuntz, gestand aber ein, dass die Arbeit "schon einmal mehr Spaß gemacht hat".

Der gebürtige Neunkircher hatte das Amt des Vorstandsvorsitzenden bei den Pfälzern im April 2008 in der 2. Liga übernommen. Unter seiner Führung verhinderte der FCK den Abstieg in die Drittklassigkeit, stieg danach wieder in die 1. Liga auf - musste in der Saison 2011/2012 aber den erneuten Gang in Liga zwei antreten. Seitdem verpasste der FCK den Aufstieg mehrmals knapp. Aktuell ist der deutsche Meister von 1991 nur noch Mittelmaß. "Ich wäre natürlich lieber mit dem Aufstieg gegangen", sagte Kuntz, der nach seinem Abgang im Sommer erstmal eine Pause einlegen will.

Die Zukunft des Traditionsklubs ist nun ungewisser denn je. Weil der angekündigte Marketingvorstand noch nicht gefunden wurde und Finanzvorstand Fritz Grünewalt zum 31. März ebenfalls aussteigt, steht der FCK Stand jetzt ab Sommer ohne Führung da. "Wir wissen, dass diese Zäsur eine große Herausforderung darstellt, aber der Verein wird nicht ins Chaos stürzen", sagte Riesenkampff und beteuerte, dass Verhandlungen mit einem neuen Finanzvorstand bereits weit fortgeschritten seien. "Der Aufstieg bleibt weiter unser Ziel", sagte er weiter. Die jährliche Erhöhung des Lizenzspieleretats um zehn Prozent, die auf der Jahreshauptversammlung angekündigt wurde, scheint derweil vom Tisch. "Das werden wir erst im Sommer entscheiden", sagt Riesenkampff.

Meinung:

Ein absehbarer Rücktritt

Von SZ-RedakteurMichael Kipp

Der angekündigte Rücktritt von Stefan Kuntz ist richtig. Sportlich stagniert der Verein seit 2012 in Liga zwei, sportpolitisch ist er seit längerem arm dran: Ein zu großes Stadion mit zu hohen Mieten in einer Stadt, die klamm ist und in einer Region liegt, die kaum Wirtschaftskraft hat. Dazu kommt: Das Umfeld ist extrem auf Emotionen gebürstet. Kuntz kassierte stets Kritik, mal aus der untersten Schublade, mal berechtigt. Beides in Dauerbeschallung. Mal wegen seiner Transfer- und Personalpolitik, mal wegen der Finanzen. Mal zu Recht, mal zu Unrecht.

Die Kritik gipfelte im Dezember 2015 darin, dass die Mitgliederversammlung (MV) Kuntz nur mit 60 Prozent der Stimmen entlastete - und den damaligen Aufsichtsratschef Rombach gar nicht. Es war absehbar, dass der neue Rat Kuntz sehr kritisch sehen und seine Konzepte nicht kommentarlos abnicken wird. Daher wäre es vielleicht stilvoller gewesen, wenn Kuntz nach der MV seinen Rücktritt erklärt - und damit die Planung der kommenden Saison seinen Nachfolgern überlassen hätte.

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