Deutsche Turn-Liga DTL Das Duell der ehemaligen Wunderkinder

Saarbrücken · Mit einem Sieg beim schärfsten Verfolger will Turn-Bundesligist TG Saar an diesem Samstag den Einzug ins Titelfinale perfekt machen.

 Waldemar Eichorn turnt wie die meisten seiner Teamkollegen von der TG Saar eine bärenstarke Bundesliga-Saison und fürchtet sich auch nicht vor seinem Spezi Fabian Hambüchen.

Waldemar Eichorn turnt wie die meisten seiner Teamkollegen von der TG Saar eine bärenstarke Bundesliga-Saison und fürchtet sich auch nicht vor seinem Spezi Fabian Hambüchen.

Foto: Ruppenthal

Es waren mal zwei Buben, Waldi und Fabi, die verbrachten in ihrer Jugend viel Zeit miteinander, trainierten hart und galten in ihrem Sport als Wunderkinder. Ende der Neunziger zählten Waldemar Eichorn und Fabian Hambüchen zu den größten Hoffnungsträgern im nationalen Männerturnen, und sie bestätigten die Prognose in den folgenden Jahrzehnten mit einer wahren Medaillen-Flut.

Die Freunde turnten lange Jahre für Deutschland. Nach den Rücktritten aus der Nationalmannschaft sehen sie sich nicht mehr so oft. Wenn es dann aber doch mal passiert, wie an diesem Samstag um 18 Uhr im Auswärtskampf von Bundesliga-Primus TG Saar beim schärfsten Verfolger KTV Obere Lahn, dann ist die Begeisterung groß. „Alle Jahre wieder. Ich freue mich, ihn zu sehen und auf die TG Saar. Unsere Beziehung ist sehr freundlich“, schwärmt Hambüchen von Eichorn und kann das Rendezvous in der Deutschen Turnliga (DTL) kaum erwarten.

Der 30 Jahre alte Reck-Olympiasieger ist der Star der KTV (vier Siege, ein Remis, 9:1 Punkte), die dem Team von Trainer Viktor Schweizer (fünf Siege, 10:0 Punkte) im Nacken sitzt und mit einem Heimsieg am Tabellenführer vorbeiziehen kann. Doch soweit wollen es Barren-Olympiasieger Oleg Wernjajew und Co. nicht kommen lassen. Sie müssen vor über 1200 begeisterten Zuschauern „nur“ die Nerven behalten und im Hexenkessel Lahntalhalle Biedenkopf als Sieger von den Geräten steigen, dann ist der Einzug ins Titelfinale am 2. Dezember in Ludwigsburg perfekt. Gar nicht so einfach, wie es sich anhört, aber machbar, glaubt Eichorn. „Wir werden volle Kanne auf Angriff turnen und versuchen, das Ding zu gewinnen“, sagt das TG-Mehrkampf-Ass und will vorzeitig alles klarmachen.

Mit dem Gewinn der deutschen Meisterschaft am Pauschenpferd feierte der 31-Jährige 2016 seinen größten Erfolg. Nach dem Vizemeister-Titel am gleichen Gerät gab er im Sommer dieses Jahres den Abschied von der internationalen Turn-Bühne bekannt. Seine Leistungen national sind immer noch spitze, vielleicht sogar besser denn je. Täglich besucht der Jugendtrainer des Saarländischen Turnerbundes die Halle der Hermann-Neuberger-Sportschule, bildet dort den Nachwuchs aus und feilt intensiv an der eigenen Form. Und das zahlt sich aus: Mit 58 Punkten rangiert Eichorn in der DTL-Top-Scorer-Liste hinter Teamkollege Wernjajew (74) auf Rang zwei. KTV-Star Andrey Likhovitskiy (40) belegt hinter TG-Turner Felix Remuta (41) Rang sieben, Fabian Hambüchen (16) nur den 38. Platz.

Der Mann, der an vier Olympischen Spielen teilnahm, griff allerdings erst Ende Oktober ins Bundesliga-Geschehen ein, nach Schulter-Operation und Reha. Am Paradegerät Reck hat er seine beiden Duelle klar gewonnen, am Boden eine neue Bahn kreiert. Sogar die Olympia-Übung traut er sich wieder zu – fast. Konditionell könne es zum Ende hin eng werden, grübelt er. Ausdauer bewies Hambüchen bei der Realisierung des größten Wunsches. Schon als Siebenjähriger träumte er von Olympia-Gold. Nach zwei Anläufen 2008 in Peking (Bronze) und 2012 in London (Silber) verwirklichte der beste deutsche Turner aller Zeiten 2016 in Rio seinen Traum und machte den Medaillen-Satz komplett.

Goldige Aussichten erwarten Hambüchen auch in der laufenden Bundesliga-Saison. Vor einem Jahr hatte seine KTV Obere Lahn bei der TG Saar keine Chance gehabt und mit 31:39 verloren. Diesmal sei das Duell ausgeglichener, „die Ausgangswerte der Turner ähnlich hoch“, sagt Hambüchen, der am Boden, Sprung und Reck antritt. „Wir haben bislang mehr reguläre Punkte erzielt, aber ein direkter Vergleich ist schwierig. Jedes Kampfgericht wertet anders. Turnen alle fehlerfrei, entscheidet die Taktik. Das wird eine enge Geschichte“, prophezeit der Turn-Star und erwartet eine „rappelvolle Halle“. Fabis Angebot zur Güte an Kumpel Waldi: „Wir gewinnen jetzt, ihr gewinnt danach euren letzten Heimkampf gegen Straubenhardt und wir treffen uns im Ludwigsburg im großen Finale wieder – zum geilen Titelkampf unter Freunden.“

 Vergangene Saison gelang TG-Saar-Turner Felix Remuta (links) eine Überraschung – er schlug Fabian Hambüchen am Sprung.

Vergangene Saison gelang TG-Saar-Turner Felix Remuta (links) eine Überraschung – er schlug Fabian Hambüchen am Sprung.

Foto: rup

TV-Experte, Markenbotschafter, Sportmanager – wie es nach dem Studium „Sport und Leistung“ beruflich weitergeht, weiß Hambüchen noch nicht so genau. Eine Idee, wie die Freunde ihre jährlichen Treffen auch nach der aktiven Zeit hinbekommen könnten, hat er dagegen schon: „Waldi und ich als Trainer-Rivalen in der Bundesliga – das wäre gar nicht so abwegig und würde bestimmt Spaß machen.“ Den Vorschlag finde er dufte, sagt Eichorn dazu und lacht. So lange es aber noch geht, möchte er es lieber selbst richten und an diesem Samstag auf dem Weg zum vierten Titel die hohe Hürde nehmen. „Wir hatten dort oft Probleme, in den Wettkampf reinzukommen. Als Tabellenführer reisen wir aber mit viel Selbstbewusstsein an“, sagt Waldi, der Kumpel Fabi im Duell der einstigen Wunderkinder zu gerne die lange Nase zeigen würde

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