Cockpit-Chaos bei Sauber

Melbourne · Der Niederländer Giedo van der Garde stürzt den Sauber-Rennstall ins Chaos. Der ehemalige Testfahrer hat sich vor Gericht sein Cockpit für den Saisonauftakt der Formel 1 am Sonntag in Melbourne eingeklagt.

Was für ein Wirrwarr bei Sauber: Der Schweizer Traditionsrennstall versinkt nur wenige Tage vor dem Saisonauftakt in der Formel 1 an diesem Sonntag (6 Uhr/RTL) im Chaos - mit finanziell unabsehbaren Folgen. Weil der ehemalige Testfahrer Giedo van der Garde (29) erfolgreich sein Cockpit für das Rennen in Australien eingeklagt hat, haben nun plötzlich drei Piloten einen Anspruch, in Melbourne an den Start zu gehen. Es gibt aber nur zwei Autos.

Der Oberste Gerichtshof in Melbourne sicherte van der Garde gestern das Recht zu, am Sonntag für den Schweizer Rennstall zu fahren. Das Urteil ist für den in finanzieller Not steckenden Rennstall kurz vor dem Beginn des ersten freien Trainings morgen ein Schock. Wer bei Sauber von den beiden eigentlichen Stammfahrern Felipe Nasr (22, Brasilien) und Marcus Ericsson (24, Schweden) für den Niederländer weichen muss, ist unklar. Die Entscheidung von Richter Clyde Croft gilt nur für das Rennen in Australien.

Teamchefin Monisha Kaltenborn reagierte sauer und ging umgehend in Berufung gegen das Urteil. Die Anhörung wurde für heute um 9.30 Uhr Ortszeit festgelegt. "Wir sind sehr enttäuscht über diese Entscheidung und müssen uns nun die Zeit nehmen, die Konsequenzen dieses Entscheids zu verstehen sowie die Auswirkungen auf unseren Saisonstart zu evaluieren", sagte Kaltenborn: "Aber wir können nicht die Sicherheit unseres Teams oder anderer Fahrer auf der Strecke gefährden, nur um dem Wunsch eines unvorbereiteten Fahrers nachzukommen, Rennen für uns zu bestreiten. Und dies in einem Fahrzeug, das auf zwei andere Fahrer zugeschnitten wurde."

Für Sauber geht es vor allem auch um viele Millionen Euro. Nasr und Ericsson hatten van der Garde dessen wohl vertraglich zugesichertes Cockpit Ende 2014 nur deshalb weggeschnappt, weil die beiden so genannte "Paydriver" sind, also über Sponsoren Sauber Geld in die leeren Kassen spülen. Das Duo hatte mit seiner Mitgift in Höhe von etwa 40 Millionen Euro überhaupt erst das Überleben von Sauber gesichert. Schon der Deutsche Adrian Sutil hatte deshalb sein Sauber-Cockpit verloren.

Sollte Nasr oder Ericsson nun doch in Melbourne außen vor sein, hätte das finanzielle Konsequenzen. Dass ein Rennstall wie Sauber, der jahrelang für eine solide Finanzpolitik stand, überhaupt in eine solche Situation gerät, dürfte ein weiterer Weckruf in der weiter auseinander driftenden Zwei- und Mehrklassengesellschaft Formel 1 sein.

Van der Garde dürfte das zunächst egal sein, er freut sich trotz des eskalierenden Streits auf das Rennen. "Ich bin fit und fühle mich stark", sagte der ehemalige Caterham-Fahrer: "Wir werden hart arbeiten und unser Bestes geben." Sauber hatte während der Verhandlung argumentiert, ihm aus Sicherheitsgründen das Cockpit vorenthalten zu müssen. Sein Einsatz sei "unverantwortlich und gefährlich". Schließlich habe der ehemalige Testfahrer den neuen Wagen noch nie gefahren, zudem gebe es keinen passenden Sitz. "Sauber kann es ihm einfach nicht erlauben, dieses Auto zu fahren", sagte Anwalt Rodney Garratt, ansonsten bestehe ein nicht zu akzeptierendes Risiko. Allerdings hat van der Garde im Gegensatz zu Debütant Nasr schon 19 Formel-1-Rennen bestritten - 2013 für Caterham. Van der Garde wischte denn auch alle Bedenken gestern beiseite. "Ich bin fitter als jemals zuvor", sagte er. Und fügte an: "Ich habe immer noch ein sehr gutes Verhältnis mit dem Team." Das dürfte Sauber-Chefin Kaltenborn jetzt sicher anders sehen.

formel1.de

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Auf einen BlickDas Starterfeld 2015:Mercedes: Lewis Hamilton (30 Jahre), Nico Rosberg (29).Red Bull: Daniel Ricciardo (25), Daniil Kwjat (20).Williams: Felipe Massa (33), Valtteri Bottas (25).Ferrari: Sebastian Vettel (27), Kimi Räikkönen (35).McLaren-Honda: Fernando Alonso (33), Jenson Button (35).Force India: Nico Hülkenberg (27), Sergio Perez (25).Toro Rosso: Max Verstappen (17), Carlos Sainz Junior (20).Lotus: Romain Grosjean (28), Pastor Maldonado (30).Manor Marussia: Will Stevens (23), Roberto Merhi (23).Sauber: Marcus Ericsson (24), Felipe Nasr (22), Giedo van der Garde (29, nur für Australien). wip

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