Cleverer Schachzug von Klaus

Berlin · Michael Stich war nach seiner Absage gar nicht erst nach Berlin gereist. So wurde erwartungsgemäß Ulrich Klaus zum neuen starken Mann im Deutschen Tennis-Bund gewählt. Im Hintergrund aber wird Stich weiter wirbeln.

Nach dem Rückzieher von Wimbledonsieger Michael Stich und einer unerwarteten Personalrochade in letzter Sekunde ist Ulrich Klaus zum neuen Präsidenten des Deutschen Tennis-Bundes gewählt worden. Der 64-Jährige tritt im zerstrittenen Verband die Nachfolge des scheidenden Karl-Georg Altenburg an. Klaus erhielt gestern bei der Mitgliederversammlung des DTB im Saal 1 des Steigenberger Hotels 118 Ja-Stimmen bei acht Enthaltungen und sechs Nein-Stimmen.

In seiner kurzen Antrittsrede wählte Klaus die ganz große rhetorische Kunst. Der pensionierte ehemalige stellvertretende Schulleiter eines Gymnasiums zitierte Martin Luther King. "In meinen zwölf Jahren im Bundesausschuss hatte ich einen Traum von Einigkeit und nicht einem Alptraum von Egoismen", sagte der frühere Lehrer aus Koblenz. Auf seinen Widersacher Stich ging er nicht ein. Der Wimbledonsieger von 1991 hatte zuletzt offen mit einer Kampfkandidatur geliebäugelt und damit für reichlich Unruhe im größten Tennisverband der Welt gesorgt. Erst drei Tage vor dem Treffen in Berlin zog der 46-Jährige zurück.

Insgeheim schien Stich darauf zu spekulieren, dass wegen Satzungsproblemen das neue Präsidium nur übergangsweise für die kommenden sechs Monate amtieren dürfe. Doch mit einem geschickten doppelten Personal-Schachzug lösten die Delegierten der 18 Landesverbände dieses Dilemma. Die Satzungsänderung wurde erwartungsgemäß abgelehnt, so dass es auch künftig Landeschefs untersagt bleibt, einen Posten im DTB-Präsidium zu haben. Bayerns Verbandsboss Helmut Schmidbauer kandidierte dann nicht als Vize-Präsident, sondern wird Nachfolger von Robert Hampe als Vorsitzender des mächtigen Bundesausschusses. Dirk Hordorff wiederum wurde als Vize-Präsident gewählt und kündigte an, sein Amt als Verbandschef in Hessen aufzugeben. Nun müssen bis spätestens in sechs Monaten noch der neue DTB-Chef Klaus in Rheinland-Pfalz und der als Vize-Chef gewählte Hans-Wolfgang Kende (Baden) ihre Ämter in ihren Bundesländern aufgeben - und schon hätte sich Michael Stich gründlich verzockt.

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