Chinesische Machtdemonstration

Saarbrücken · Für die deutschen Tischtennis-Herren reißt die Serie von Rückschlägen auch nach Olympia nicht ab. Beim World Cup in Saarbrücken scheiterten sie unerwartet früh. Den Sieg machten die Chinesen unter sich aus.

Montag, 16.21 Uhr, Saarlandhalle. Auf den Rängen klatschen die Zuschauer, auf dem obersten Treppchen des Siegerpodests jubelt Fan Zhendong. Im Konfetti-Regen reckt der 19 Jahre alte chinesische Tischtennis-Profi die Siegertrophäe in die Höhe. Im Finale des World Cups hatte er seinem Landsmann Xu Xin beim 4:1 keine Chance gelassen. "Das war ein großer Erfolg. Ich habe schon viele Glückwünsche bekommen", freut sich Fan.

Mit dem Doppelsieg hat China seine Vormachtstellung im Tischtennis erneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Die Chinesen dominierten das Turnier, das erstmals in Saarbrücken ausgetragen wurde, nach Belieben und verloren auf dem Weg ins Finale jeweils nur einen Satz. Im Endspiel folgte dann eine Machtdemonstration des Weltranglisten-Zweiten. Die 3250 Zuschauer - unter ihnen auch viele chinesische Fans - sahen, wie Xu Xin, immerhin Nummer drei der Welt, nur im vierten und fünften Satz mithalten konnte. Fan jedoch durfte sich bei seiner zweiten World-Cup-Teilnahme (2015 war er Zweiter) über ein Preisgeld von 45 000 Euro freuen.

Boll begeistert die Fans

Fan siegte und wurde bewundert, die Lacher hatte aber Timo Boll auf seiner Seite - obwohl er sich gar nicht für das Turnier qualifiziert hatte. Der Rekord-Europameister sorgte für lautes Gelächter und Applaus, als er in einem Show-Match mit Jörgen Persson als Gegner und Jan-Ove Waldner als Schiedsrichter wahre Kunststücke vollführte. Unter anderem spielten beide mit Mikrofon und Handy gegeneinander. Danach wurde mit drei Bällen gespielt.

Es gab aber auch einen ernsten Grund für den Auftritt. "Ich konnte mir wichtige Trainings-Einheiten beim Einspielen mit den anderen Spielern holen", sagte der 35-Jährige, der zuletzt wegen einer Nackenverletzung pausieren musste.

Während Boll positiv auf das Turnier zurückblicken kann, gab es für die deutschen Teilnehmer nichts zu lachen. Dimitrij Ovtcharov, Nummer sechs der Welt, fand im Achtelfinale gegen den Schweden Kristian Karlsson zwar gut in die Partie und gewann den ersten Satz, dann aber verlor er den Faden und musste sich schließlich mit 1:4 geschlagen geben. "Ich hatte einen guten Start. Im zweiten Satz fand ich mich besser, musste ihn aber abgeben. Ab dem dritten Durchgang hat Kristian dann sehr stark gespielt und verdient gewonnen", sagte der enttäuschte 28-Jährige und ergänzte: "Es ist privat bei mir gerade einiges los." Damit meinte er die Geburt von Tochter Emma und den Tod seiner Großmutter am Freitag. Bundestrainer Jörg Roßkopf sagte nach dem Spiel: "Dima hat schlecht gespielt. Er war mental schlecht drauf und konnte sich da nicht mehr rausziehen. Aber das kam auch nicht unerwartet."

Der zweite deutsche Teilnehmer, der Ex-Saarbrücker Bastian Steger, zeigte im Achtelfinale eine gute Leistung. Doch trotz seiner fünf Matchbälle musste er dem Franzosen Simon Gauzy den Einzug ins Viertelfinale überlassen. Besonders bitter: In der entscheidenden Phase hatte Gauzy einige Male Glück mit Kantenbällen und Netzrollern.

"Wir haben beide sehr gut gespielt. Am Ende waren aus meiner Sicht viele unglückliche Bälle dabei", erklärte der 35-Jährige, der mit seiner Turnierleistung zufrieden war. Schon am Samstag hatte er sich durch zwei 4:0-Erfolge gegen den australischen Außenseiter David Powell und Hugo Calderano aus Brasilien souverän für die K.o.-Runde qualifiziert.

Für Altmeister Vladimir Samsonov aus Weißrussland und Tiago Apolonia, Nummer eins des 1. FC Saarbrücken , war ebenfalls schon nach ihren ersten Auftritten Schluss. Im Achtelfinale unterlag Samsonov dem Südkoreaner Sangsu Lee 1:4. Apolonia, der in dieser Saison einfach nicht in Tritt kommt, verlor gegen den Schweden Pär Gerell 1:4.

Trotz des frühen Ausscheidens der beiden Lokalmatadoren waren die Veranstalter begeistert: "Wir hatten insgesamt 8300 Zuschauer. Es war ein interessantes und qualitativ gutes Turnier", sagte Michael Geiger, Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes.

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Auf einen Blick Ergebnisse des Tischtennis-Weltcups in Saarbrücken : Achtelfinale: Kristian Karlsson (Schweden) - Dimitrij Ovtcharov (Deutschland) 4:1 (6:11, 11:7, 11:5, 11:5, 13:11), Simon Gauzy (Frankreich) - Bastian Steger (Deutschland) 4:3 (11:3, 14:16, 15:13, 3:11, 8:11, 12:10, 12:10), Fan Zhendong (China) - Gao Ning (Singapur) 4:0, Xu Xin (China) - Calderano 4:0, Wong Chun Tin (Hongkong) - Joao Monteiro (Portugal) 4:2, Lee Sangsu (Südkorea) - Vladimir Samsonov (Weißrussland) 4:1, Jeoung Young Sik (Südkorea) - Stefan Fegerl (Österreich) 4:2, Pär Gerell (Schweden) - Tiago Apolonia (Portugal) 4:1. Viertelfinale: Fan - Jeoung 4:1, Xu - Gerell 4:1, Wong - Lee 4:0, Karlsson - Gauzy 4:3. Halbfinale: Fan - Karlsson 4:1 (11:4, 11:8, 7:11, 11:9, 11:7), Xu - Wong 4:1 (11:9, 13:15, 11:7, 11:3, 11:6). Spiel um Platz 3: Kristian Karlsson - Wong Chun Tin 1:4 (4:11, 8:11, 11:7, 9:11, 7:11). Finale: Fan Zhendong - Xu Xin 4:1 (11:5, 11:6, 11:8, 7:11, 12:10).

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