Vierschanzentournee Erst Tourneesieg, dann Abschied?

Oberstdorf · Für Werner Schuster könnte die Vierschanzentournee seine letzte als Bundestrainer werden. Sein erster Titel bei der legendären Veranstaltung käme da gerade recht.

 Seit 2008 ist Werner Schuster für die deutschen Skispringer verantwortlich und hat die DSV-Adler wieder an die Weltspitze geführt.

Seit 2008 ist Werner Schuster für die deutschen Skispringer verantwortlich und hat die DSV-Adler wieder an die Weltspitze geführt.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Seine Söhne bekommt Werner Schuster im Winter fast nie zu Gesicht. „Mein Jüngster kennt mich in dieser Zeit nur aus dem Fernsehen“, sagt der Skisprung-Bundestrainer und gibt offen zu: „Das ist eine große Belastung.“ Schusters elfte Vierschanzentournee als Trainer des Deutschen Skiverbandes (DSV) wird daher vielleicht seine letzte sein. Einen passenderen Zeitpunkt für den ersten deutschen Sieg seit Sven Hannawalds Grand Slam 2001/2002 könnte es kaum geben.

Seit 2008 hat Schuster die deutschen Skispringer aus der Talsohle an die Weltspitze geführt, mit dem WM-Titel 2015 durch Severin Freund und dem Olympiasieg 2018 durch Andreas Wellinger als Höhepunkte. Doch im Frühjahr könnte Schluss sein, auch wenn der Deutsche Skiverband den Österreicher unbedingt halten möchte. „Wir sind in Gesprächen, die von hoher Wertschätzung geprägt sind. Aber die Entscheidung werde ich nicht heute und auch nicht morgen oder übermorgen fällen“, sagt der 49-Jährige.

Immerhin: An Weihnachten durfte Schuster mit Frau Annika und den Söhnen Jonas (15) und Jannick (12) noch einmal Kraft in der Heimat tanken. Doch schon am morgigen Samstag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) beginnt mit der Qualifikation in Oberstdorf wieder der Tournee-Stress. Den Jahreswechsel verbringt Schuster wie gewohnt in Garmisch-Partenkirchen, danach geht es Wochenende für Wochenende quer durch Europa. „Die Familie verzichtet. Ich muss das alles abwägen“, sagt Schuster.

Sollte Schuster gehen, wäre das ein enormer Verlust. „Ich würde mir wünschen, dass er bleibt. Denn dann weiß ich, dass es erfolgreich weitergeht“, sagt Hannawald. Wer sollte Schuster auch folgen? Martin Schmitt, der das Trainerdiplom in der Tasche, aber noch keine Erfahrung hat? Oder der ehemalige Skiflug-Weltmeister Roar Ljökelsöy aus Norwegen, der zum DSV-Stab gehört? Ronny Hornschuh vielleicht, derzeit Schweizer Nationaltrainer?

Schuster betont derweil, noch immer voller Tatendrang zu stecken. „Ich habe das Team gewissenhaft auf die Tournee vorbereitet. Ich bin mit Energie dabei. Ich hoffe, man merkt‘s“, sagt der Mann aus dem Kleinwalsertal. Nur zu gerne würde er endlich den Tourneesieg mitnehmen, auch wenn er betont: „Ich laufe diesem Titel nicht nach.“ Doch auch Schuster weiß, dass der Ritt über die vier Schanzen in Deutschland längst einen Stellenwert erreicht hat, der Olympischen Spielen gleichkommt. Mit einem Triumph würde er endgültig auf einer Stufe mit seinem legendären Vor-Vor-Vorgänger Reinhard Heß stehen.

Für seinen Traum hat Schuster alles probiert, hat die Tournee im Sommer mit seinen Springern simuliert, fast hätte es geklappt. „Zweimal sind wir an absoluten Überfliegern gescheitert: Einmal Severin Freund an Peter Prevc, letztes Jahr Richard Freitag am Sturz und Andreas Wellinger an Kamil Stoch, der den Grand Slam gemacht hat“, sagt Schuster und gibt die Hoffnung nicht auf: „Entweder muss sich mal einer von uns opfern und selber den Überflieger machen – oder wir müssen schauen, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.“

Für die gesamte Tour nominierte Schuster gestern Severin Freund, Richard Freitag, Andreas Wellinger, Karl Geiger, Stephan Leyhe, Markus Eisenbichler und David Siegel. Außerdem sind sechs weitere Athleten für die nationale Gruppe nominiert.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort