Bundestrainer setzt auf "Wohlfühl-Faktor"

Saarbrücken. An den Olympiastützpunkt in Saarbrücken schickt Werner Klein seine Athleten nicht. Trotz der optimalen Bedingungen, der kurzen Wege und der medizinischen Betreuung. "Am Wochenende kann es da oben, wenn abends keiner mehr da ist, schon sehr einsam werden", findet Klein, seit 1. Januar hauptamtlicher Bundestrainer der Hindernisläufer. Und das schmeckt ihm nicht

 Der Rehlinger Werner Klein ist seit 1. Januar hauptamtlicher Bundestrainer der deutschen Hindernisläufer. Foto: Rolf Ruppenthal

Der Rehlinger Werner Klein ist seit 1. Januar hauptamtlicher Bundestrainer der deutschen Hindernisläufer. Foto: Rolf Ruppenthal

Saarbrücken. An den Olympiastützpunkt in Saarbrücken schickt Werner Klein seine Athleten nicht. Trotz der optimalen Bedingungen, der kurzen Wege und der medizinischen Betreuung. "Am Wochenende kann es da oben, wenn abends keiner mehr da ist, schon sehr einsam werden", findet Klein, seit 1. Januar hauptamtlicher Bundestrainer der Hindernisläufer. Und das schmeckt ihm nicht. Das will er nicht. "Der Wohlfühl-Faktor", erklärt Klein, "wird viel zu oft unterschätzt. Die Athleten sollen ihre Kraft nicht darauf verwenden, sich einzuleben. Sie brauchen ihre Kraft für das Training." Deswegen holt der Bundestrainer seine Schützlinge aus ganz Deutschland, wenn sie mal im Saarland zu Besuch sind, zu sich nach Hause und trainiert mit ihnen in Rehlingen.

"Viel Entwicklungspotenzial"

Seit Jahresbeginn ist das für Klein einfacher. Zuvor arbeitete er hauptberuflich als Pressesprecher für den Landkreis Merzig-Wadern und "opferte" seine freien Wochenenden für das Training mit den deutschen Hindernisläufern. "Diese Doppelfunktion forderte massiv", erklärt Klein, der jetzt seine Funktionen im Landkreis zurückschraubt. Für den Sport, von dem er glaubt, dass das Potenzial in der Bundesrepublik nicht ausgereizt ist. "Wir haben hier sehr viel Entwicklungspotenzial. Hindernislauf ist mit vielen technischen Komponenten versehen. Und das ermöglicht es uns, auch mal in ein Finale durchzustoßen", glaubt Werner Klein. Am 27. Dezember unterschrieb er beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), der einige Wochen zuvor auf ihn zugekommen war. Seine hauptamtliche Tätigkeit ist vorerst auf ein Jahr beschränkt. Wie es im Anschluss weitergeht, hängt zum Teil von den Olympischen Spielen in London ab. "Wenn sich einige Läufer qualifizieren, wäre das ein Grundstein", meint der Trainer.

Fünf Hindernisläufer stehen hierfür auf seiner Liste: Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen/Kieler TB), Filmon Ghirmai (LAV Tübingen), Gesa Krause (LG Eintracht Frankfurt), Jana Sussmann (Lauf-Team Haspa Marathon Hamburg) und Antje Möldner (SC Potsdam). Ja, auch Möldner, die vor etwa zwei Jahren ihre vielversprechende Karriere krankheitsbedingt unterbrach. "Mitten im Trainingslager ist der Krebs aufgetaucht", erinnert sich Klein an den Schock: "Ich habe während ihrer Krankheit weiter Kontakt mit ihr gehabt, bin zu ihr geflogen und habe sie betreut. Es war ein schwieriges Spannungsfeld, Leistungssport und Krankheit auf eine Linie zu bringen." Bei der deutschen Meisterschaft 2011 in Kassel kehrte Antje Möldner auf die Hindernisstrecke zurück, belegte Platz vier. "Man muss realistisch sein. Bei ihr muss viel passen, damit es für Olympia reicht", schätzt Klein, "aber Antje ist ein Wettkampf-Typ".

In den kommenden Wochen kooperiert der Bundestrainer viel mit den Heimtrainern seiner Athleten, arbeitet die Wettkämpfe, die Vorbereitung, die Trainingspläne aus. Jana Sussmann ist im Februar für eine Woche bei Klein zu Besuch, im April wird er den Kreis an Athleten ins Saarland holen, die sich in Richtung Olympia-Norm entwickelt haben. "Aber nur dann, wenn sie menschlich in die Gruppe passen", sagt er: "Ich brauche keinen Störfaktor." Sondern eine stimmige Atmosphäre. Eine intakte Gruppe. So, wie er sie schon einmal trainiert hatte - auf saarländischer Ebene. "Früher hatte ich eine Trainingsgruppe, in der beispielsweise Raphael Schäfer, mein Sohn Christian oder Florian Neuschwander waren. Aber zeitlich habe ich das damals nicht geschafft, deswegen musste ich die Gruppe aufgeben. Ich bin nicht für halbe Sachen, das ist nicht mein Anspruch", stellt Klein klar.

Neue Laufgruppe im Saarland?

Doch dort, wo er war, will er auch noch mal hin. "Ich habe die Hoffnung, das hier im Saarland wieder hinzubekommen. Das wäre wichtig, denn das ist hier ein ganzer Bereich, der brachliegt", erzählt der Hindernislauf-Trainer, "aber hier hat sich im Laufbereich eine Struktur aufgebaut, die nicht förderlich ist. Jeder macht in seinem Nest sein Ding. Manche Trainer haben Angst, ich würde ihnen Athleten wegnehmen. Dabei kooperiere ich mit ihnen. Aber wenn ich meine Idee doch umsetzen kann, soll es eine komplett neue Gruppe sein, die ich aufziehe. Andernfalls würde das die Atmosphäre stören." Und die, findet Klein, hat in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass die Gemeinschaft der Hindernisläufer zusammengewachsen ist - und nun nach Olympia-Tickets greifen kann.

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