Bundesliga vor Bewährungsprobe

München · Das gab es zuletzt in der Saison 2001/2002. Für gleich vier Bundesliga-Clubs beginnt heute und morgen die Gruppenphase der Champions League. In den kommenden Monaten geht es um die Plätze in der K.o-Runde.

Ein Bundesliga-Quartett startet in die schwierige Mission, das Image des heimischen Vereins-Fußballs in Europa zu bestätigen. Nach einer famosen Saison mit zwei Finalisten aus dem deutschen Oberhaus soll der Aufwärtstrend fortgesetzt werden. Doch ein Siegeszug wie in der vorigen Spielzeit, als Bayern München und Borussia Dortmund den Wettbewerb dominierten, wird schwerer denn je. Hans-Joachim Watzke, der Geschäftsführer des BVB, warnte: "Man kann nicht jedes Jahr ins Halbfinale kommen, schon gar nicht als Borussia Dortmund."

Erstmals seit zwölf Jahren ist die Bundesliga mit vier Clubs vertreten. Doch das Quartett ist gut beraten, den jüngsten Bundesliga-Höhenflug nicht überzubewerten. Schon der Start in die Gruppenphase hat es vor allem für Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund in sich. Die Werkself muss heute Abend bei Englands Meister Manchester United, der BVB morgen beim Tabellenführer der Serie A aus Neapel bestehen.

115 Tage nach dem Sieg im Londoner Wembleystadion plant der FC Bayern den historischen Coup. Die Münchner wollen die Ersten sein, die den Triumph in der Champions League wiederholen. Ein Sieg heute Abend gegen ZSKA Moskau soll das Unternehmen Titelverteidigung erleichtern. "Wir starten nicht in einen Wettbewerb, um Teilnehmer zu sein. Wir wollen das Höchstmögliche erreichen", kommentierte Sportvorstand Matthias Sammer.

Doch beim Mitfavoriten ist vor dem Start in den Wettbewerb mächtig was los. Der für sein forsches Auftreten bekannte Sammer, der den Profis "Fußball ohne Emotionen" unterstellt hatte, erhielt einen Rüffel des Vereinspatrons. "Wir werden sicherlich darüber reden, weil ein Eindruck vom FC Bayern entsteht, der nicht gut ist. Man hat den Eindruck, als ob wir von fünf Spielen drei verloren und zwei unentschieden gespielt hätten, in Dortmund lachen sie sich doch tot", klagte Präsident Uli Hoeneß.

Vergleichbare Scharmützel der Alphatiere sind in Leverkusen unüblich. Vielmehr gilt die Konzentration der Aufgabe beim Renommierclub Manchester United, die dem Werksteam eigentlich Angst einjagen müsste. Denn der Auftaktgegner hat die Königsklasse bereits zweimal (1999/2008) gewonnen. Doch bei allem Respekt vor dem Kräftemessen mit Stars wie Robin van Persie oder Wayne Rooney überwiegt bei Kapitän Simon Rolfes die Vorfreude: "Für uns geht es darum, internationale Klasse zu zeigen."

Ähnlich hart wird die Aufgabe für Dortmund. "Neapel ist mittlerweile die zweite Kraft in Italien und eine richtige Hausnummer", befand Sportdirektor Michael Zorc. Gleichwohl können es die BVB-Profis kaum erwarten, ins nächste Abenteuer zu starten. "Jetzt sind wir im Dreitages-Rhythmus und können uns noch besser einspielen", frohlockte Torjäger Robert Lewandowski.

Revierrivale Schalke 04 startet mit einem Heimspiel gegen Steaua Bukarest. Sportvorstand Horst Heldt machte aus seiner Erwartungshaltung keinen Hehl: "Das müssen wir gewinnen, wenn wir die Gruppenphase überstehen wollen." Die Jagd auf den FC Bayern beginnt. Mehr als 600 Millionen Euro und damit so viel wie noch nie in der Geschichte des Fußballs haben Europas Topvereine von Manchester bis Madrid in diesem Jahr in neue Stars investiert. Ihr Ziel: Die Münchener wieder vom Champions-League-Thron zu stoßen. "Ich sehe zehn bis zwölf Clubs, die in der Champions League volles Rohr angreifen werden", sagte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge: "Die deutschen Clubs werden sich darauf einstellen müssen, dass es wieder ein Stück schwieriger wird, als es ohnehin schon war."

Im Vergleich zu den 100 Millionen, die Real Madrid für Gareth Bale gezahlt hat, oder den 57 Millionen, die dem FC Barcelona der Brasilianer Neymar wert war, sehen die Investitionen der beiden Vorjahresfinalisten aus München (Mario Götze, Thiago Alcantara) und Dortmund (Pierre-Emerick Aubameyang, Henrich Mchitarjan) tatsächlich geradezu bescheiden aus.

Für das größte Aufsehen gesorgt und den größten Aufwand betrieben hat wieder einmal Real Madrid. Der Rekordgewinner des Henkelpokals kaufte nicht nur für 172,5 Millionen Euro neue Spieler wie Bale, Isco, Asier Illarramendi und den Ex-Leverkusener Daniel Carvajal ein, sondern verpflichtete als einer von sieben europäischen Top-Clubs auch noch einen neuen Trainer für den Angriff auf die Bayern. "Jeder in Madrid ist fokussiert auf den Gewinn des Europacups", sagte der Italiener Carlo Ancelotti vor dem ersten Gruppenspiel heute Abend bei Galatasaray Istanbul: "Real Madrid hat seit 2002 nicht mehr das Finale der Champions League erreicht. Das ist eine viel zu lange Zeit für einen Club dieses Formats."

Auch der erneut für 110 Millionen Euro verstärkte französische Meister Paris St. Germain startet heute mit einem neuen Trainer, Laurent Blanc, und einem neuen Star, Edinson Cavani, in die Königsklasse. Am meisten fürchtet Rummenigge allerdings einen Großangriff der Premier-League-Clubs aus Manchester (United und City) sowie London (Chelsea und Arsenal).

"In jedem Fall werden die Engländer Vollgas geben, sie wollen ein großes Comeback feiern. Schließlich haben sie in der Vorsaison vom Viertelfinale an kein Team mehr dabei gehabt", sagte der Vorstands-Chef des FC Bayern. Mit Manchester City bekommt es der Titelverteidiger bereits in der Vorrunde zu tun. Der neureiche Club eines Scheichs aus Abu Dhabi gilt nach der Verpflichtung des hoch angesehenen chilenischen Trainers Manuel Pellegrini sowie der spanischen Nationalspieler Jesus Navas und Alvaro Negredo sogar als stärkster englischer Vertreter. Und der FC Chelsea mit seinem alten und neuen Coach José Mourinho und dem deutschen Angreifer Andre Schürrle ist ebenfalls heiß auf Erfolg. "Das ist ein Wettbewerb mit einer ganz speziellen Aura, er hat etwas Magisches", sagte der Portugiese Mourinho: "Jeder will das Eldorado des Fußballs erreichen."

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HintergrundDie Champions League bleibt ein Millionen-Spiel. Fix ist für alle 32 Teilnehmer die Startprämie von 8,6 Millionen Euro. Zusätzlich überweist die Uefa in der Gruppenphase pro Sieg eine Million und pro Unentschieden 500 000 Euro, also im besten Falle sechs Millionen Euro. Für die Teilnahme am Achtelfinale gibt es 3,5 Millionen Euro, 3,9 Millionen Euro für das Viertelfinale, 4,9 Millionen für alle Halbfinalisten, 6,5 Millionen für den Finalverlierer und satte 10,5 Millionen für den Sieger. Im Idealfall kann der neue Titelträger folglich 37,4 Millionen Euro einstreichen.Dazu kommen noch die Einnahmen aus dem sogenannten Marktpool. Aus diesem wird eine Summe an die Teilnehmer eines Landes ausgeschüttet, aufgeschlüsselt nach dem Erfolg des Teams in der nationalen Liga des Vorjahres. 2012/13 kassierte Borussia Dortmund als amtierender deutscher Meister beispielsweise 21,761 Millionen Euro. dpa

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