Bahnrad-WM in Polen Für Vogel und für die Zukunft

Pruszkow · Bahnradfahrerin Welte aus Kaiserslautern führt ihre junge Teamkollegin Hinze zu WM-Bronze.

Miriam Welte legte den Arm um ihre Teamkollegin, wie so häufig in der Vergangenheit stand die Bahnrad-Olympiasiegerin auf dem Podium und lächelte glücklich und gelöst. Ein entscheidender Unterschied machte die Medaillenzeremonie nach dem Gewinn von Teamsprint-Bronze bei der WM im polnischen Pruszkow dennoch zu etwas Besonderem: Ihren Arm legte Welte nicht um Kristina Vogel. Diesmal jubelte die 21-jährige Emma Hinze neben Welte über die erste WM-Medaille – ein Bild mit Symbolcharakter. Spätestens am Mittwochabend begann nach dem tragischen Karriereende der Galionsfigur Vogel die Zukunft im deutschen Sprinter-Lager.

Welte und Hinze hatten schon im Weltcup und der EM in Glasgow Edelmetall geholt. Doch der Ausfall Vogels wurde bei der ersten WM nach ihrem folgenreichen Unfall im Sommer 2018 nochmals allen vor Augen geführt. „Sie fehlt natürlich“, sagte Welte. Das Schicksal ihrer langjährigen Weggefährtin geht der 32-Jährigen aus Kaiserslautern noch immer sichtlich nahe, die Querschnittslähmung Vogels war ein Schock.

2012 in London waren Welte/Vogel zum Olympiasieg gesprintet, zusammen holten sie vier WM-Titel im Teamsprint. Bei der notwendigen Neustrukturierung ist Welte eine Führungsfigur und soll ihre Expertise einbringen. „Mit Miriam haben wir eine sehr erfahrene Sportlerin, die die Verantwortung angenommen hat“, sagte BDR-Sportdirektor Patrick Moster. Das, was Vogel geleistet habe, müsse nun auf mehrere Schultern verlagert werden. „Kristina ist nicht zu ersetzen, sportlich und menschlich war sie eine Ausnahmeathletin“, sagte Moster.

Neben Welte, die als Anfahrerin gesetzt ist, tragen Hinze, Pauline Grabosch (21/Erfurt) und Lea Sophie Friedrich (19/Dassow) die Hoffnungen. Die besten Karten hat derzeit Hinze.„Miriam und ich harmonieren gut zusammen, wir haben es genossen“, sagte sie nach ihrer WM-Premiere auf dem Podest: „Wir haben uns im Rennen gut abgestimmt.“

Womöglich hatte auch Vogel daran ihren Anteil. Die Erfurterin schickte zwischen den Läufen Nachrichten an Welte und Hinze, „sie hat mir gesagt, was ich noch verbessern könnte“, sagte Hinze, „von ihr kann man schon lernen.“ Vogel hatte den WM-Auftakt aus der Ferne verfolgt, erst am Donnerstag traf sie im Velodrom vor den Toren Warschaus ein. Ohne eine besondere Motivationshilfe hatte Vogel ihre Ex-Kolleginnen aber nicht starten lassen. Im Team ließ sie Überraschungseier verteilen – und pflegte damit eine lieb gewonnene Tradition. „Kristina hat uns bei jeder WM immer eine kleine Wettkampfüberraschung geschenkt“, erklärte Welte: „Ich habe mich sehr gefreut. Es war ein kleines Stück Kristina, das wieder dabei sein konnte. Es ist schön zu wissen, dass sie so mitfiebert und hinter uns steht.“

Die deutschen Frauen hatten sich in der Mannschaftsverfolgung über 4000 Meter am Mittwoch für die Runde der besten Acht qualifiziert. Franziska Brauße (Öschelbronn), Lisa Brennauer (Durach), Charlotte Becker (Datteln) und die Saarländerin Lisa Klein (Lauterbach) trafen dort am Donnerstagabend auf das Team der USA (bei Redaktionsschluss nicht beendet).

Für eine Schrecksekunde am ersten Tag sorgte WM-Debütantin Lea Sophie Friedrich. Die 19-Jährige kollidierte am Nachmittag im Training mit einem kanadischen Rennfahrer, der auf die vierfache Junioren-Weltmeisterin auffuhr und ihr bei der Kollision die Sattelstütze abriss. Friedrich erlitt aber nur leichte Schürfwunden.

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