Boxen Bösewichte sind bereit für die Schlacht

Los Angeles · Der WM-Titelkampf der Schwergewichtsboxer Deontay Wilder und Tyson Fury ist auch sportlich extrem reizvoll.

 Deontay Wilder (links) und Tyson Fury finden ihre Begegnung offenbar ein wenig sonderbar. In der Nacht auf Sonntag stehen sich die Schwergewichtsboxer in Los Angeles im Ring gegenüber.

Deontay Wilder (links) und Tyson Fury finden ihre Begegnung offenbar ein wenig sonderbar. In der Nacht auf Sonntag stehen sich die Schwergewichtsboxer in Los Angeles im Ring gegenüber.

Foto: dpa/Damian Dovarganes

Deontay Wilder brüllte und fluchte, Tyson Fury machte Faxen und zog blank: Das chaotische Treffen der beiden exzentrischen Schwergewichts-Boxer vor ihrem WM-Titelkampf in Los Angeles erfüllte alle Klischees. WBC-Champion Wilder und Klitschko-Bezwinger Fury inszenierten sich vor dem Mega-Kampf in der Nacht zu Sonntag (3 Uhr/DAZN) als zwei Bösewichte, die in der Stadt der Engel eine epische Schlacht austragen wollen. Verbale Tiefschläge selbstverständlich inbegriffen.

„Ich will ihn in Stücke reißen wie ein Pitbull“, sagte Fury. Und Wilder konterte umgehend: „Ich habe in die Augen des Killers gesehen, und ich sah nur ein Kätzchen.“ Das wiederum ließ Fury nicht auf sich sitzen: „Er ist ein Spargeltarzan, ein Penner ohne Kinn.“ Dabei wäre das ganze Ballyhoo gar nicht nötig gewesen, der Titelkampf ist alleine schon sportlich höchst reizvoll.

Wilder (33) gewann alle seine 40 Profikämpfe, davon 39 (!) durch Knockout. Auch Fury (30) ist in seinen 27 Kämpfen noch ungeschlagen. Sein größter Triumph liegt allerdings bereits drei Jahre zurück. Nachdem er Wladimir Klitschko in Düsseldorf sensationell nach Punkten besiegt und vom Thron gestoßen hatte, begann ein selbst im Profiboxen beispielloser Abstieg: Alkohol- und Drogenexzesse, Depressionen, Dopingsperre, Übergewicht.

„Wenn ich die Depressionen besiegen kann, dann kann ich alles besiegen“, sagte Fury. Von 175 Kilogramm hat er mehr als 50 abgespeckt, die ersten beiden Comeback-Kämpfe in diesem Jahr gegen Sefer Seferi und Francesco Pianeta waren okay – mehr nicht. Wilder ist ein ganz anderes Kaliber, den Puncher sehen die Buchmacher als klaren Favoriten. Doch das war Klitschko seinerzeit gegen Fury auch. So eine Situation liebt der Brite. „Ich habe sie reingelegt, und sie wissen immer noch nicht, worauf sie sich eingelassen haben“, sagte er. Dass Fury nicht in England, sondern in den USA boxen muss, sieht er auch nicht als Nachteil: „Das macht aus mir wieder einen echten Krieger. Das bin ich schon gewohnt.“

Bei Wilder ist zwischen all den lauten Beleidigungen auch großer Respekt vor Fury herauszuhören. „Er hat Reichweite, ist beweglich und glaubt, dass er der Beste der Welt ist“, sagte Wilder: „Wer diesen Kampf gewinnt, kann sich bester Schwergewichts-Weltmeister auf dem Globus nennen.“

Ein Seitenhieb gegen Anthony Joshua. Der britische IBF- und WBO-Weltmeister und Superchampion der WBA mischt an diesem Samstag auch irgendwie mit. Wilder und Fury kämpfen nicht nur um die Krone, sondern auch um einen Titelvereinigungskampf mit Joshua. Die Vorfreude der Amerikaner auf das Duell Wilder gegen Fury hielt sich daher noch in Grenzen. Das Staples Center wird wohl nicht voll gefüllt sein. Wilder hat in seiner Heimat noch nicht die Zugkraft wie vor ihm Mike Tyson oder Lennox Lewis. „Amerika sollte endlich aufwachen und erkennen, dass ich der böseste Mann auf dem Planeten bin“, tönte Wilder.

Das Böse-Buben-Image pflegt auch Fury, doch das britische Großmaul zeigt auch Herz. Er will einen Teil seiner Gage, die sich auf rund neun Millionen Euro belaufen soll, spenden. Er wolle Einrichtungen für Obdachlose, Drogenabhängige und Alkoholiker entstehen lassen, verriet Fury: „Ich bin Boxer, kein Geschäftsmann, und ich werde vermutlich am Ende, wie jeder Boxer, pleite sein.“

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