Sport im Saarland Bouillon ruft Sport-Offensive im Saarland aus

Saarbrücken · Deutschland-Tour in Merzig, neues Leichtathletik-Zentrum Westsaar in Rehlingen – nur die Schwimmer sorgen für einen „Schock“.

 Sportminister Klaus Bouillon (CDU) will auch die Tour de France wieder ins Saarland holen.

Sportminister Klaus Bouillon (CDU) will auch die Tour de France wieder ins Saarland holen.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Die Deutschland Rallye ist noch nicht vorbei, da ruft Klaus Bouillon eine Sport-Offensive für das Saarland aus. Mit 150 000 Euro für drei Jahre subventioniert das Ministerium für Inneres, Bauen und Sport die ADAC-Veranstaltung, die mit dem Rundkurs auf der Wilhelm-Heinrich-Brücke in Saarbrücken am Donnerstagabend einen spektakulären Beginn hatte. Bei dieser Veranstaltung wird es 2018 nicht bleiben. Wie Sportminister Bouillon der SZ am Freitag bestätigte, wird die Deutschland-Tour der Radprofis bei ihrer Rückkehr im Saarland Station machen.

Vor zehn Jahren war die Deutschland-Tour eingestellt worden, weil nach den Dopingskandalen im Radsport keine Liveberichterstattung in ARD und ZDF stattfinden sollte und die dadurch entfallenden Einnahmen durch Rundfunkübertragungsrechte nicht aufgefangen werden konnten. Nun ist die Tour zurück – zunächst mit vier Etappen und der Amaury Sport Organisation (ASO) als Veranstalter. Sie organisiert auch die Tour de France. „Wir sind kurz vor dem Vertragsabschluss. Merzig wird Zielort einer Etappe und voraussichtlich auch Startort einer weiteren sein“, sagte Bouillon. Geplant sei ein Rundkurs rund um Merzig vor der Zielankunft, „sodass die Radsport-Fans im Saarland wirklich etwas davon haben“.

Auch eine Etappe der Tour de France will der Minister ins Saarland holen. Saarbrücken soll zum zweiten Mal nach 2002 Zielort werden. „Unser Angebot liegt auf dem Tisch. Es hat auch Begehungen mit Tour-Chef Christian Prudhomme in Saarbrücken gegeben. Wir müssen jetzt die Entscheidung der ASO abwarten“, sagte Bouillon. Das Land sei bereit, die Lizenzgebühr von 600 000 Euro zu stemmen und Kosten, die auf die Stadt Saarbrücken zukämen („Pflichtenheft“), zu übernehmen.

Auch andere Einzelveranstaltungen im Land sollen gezielt gefördert werden. Der European Judo Cup an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken, der im Juli zum zweiten Mal stattfand, werde künftig „in erheblichem Maße“ gefördert – gleiches gilt weiterhin für das Leichtathletik-Pfingstsportfest in Rehlingen. Der olympische Kernsport profitiert darüber hinaus von einem Sonderprogramm, das nicht nur den Präsidenten des Saarländischen Leichtathletik-Bundes (SLB), Lothar Altmeyer, in Begeisterung versetzt. „Es herrscht eine echte Aufbruchstimmung“, sagte Altmeyer am Freitag: „Die Wertschätzung durch den Minister ist enorm.“

Nach Aussage von Bouillon wird in Rehlingen auf dem Gelände des Bungertstadions eine neue Trainingshalle entstehen, „ein Leichtathletik-Stützpunkt Westsaar“. Geplant ist ein sogenannter Lauf-Schlauch von etwa 80 bis 90 Metern Länge und zwölf bis 14 Metern Breite, der an das Haus der Leichtathletik anschließt. Sechs Sprintbahnen sowie Anlagen für Weitsprung, Hochsprung und Kugelstoßen sollen ein Wintertraining ermöglichen. „Diese Investition ist zukunftsweisend“, sagte Thomas Klein, der Vorsitzende des LC Rehlingen. Nicht nur der mit 1150 Mitgliedern größte und derzeit leistungsstärkste Verein im Land soll profitieren, auch umliegende Vereine in Saarlouis und Merzig erhalten Trainingszeiten. So werde der Standort-Nachteil der Region gegenüber der Landeshauptstadt mit der Leichtathletik-Halle an der Sportschule ausgeglichen. Die Kosten für das Projekt werden gerade im Detail ermittelt. Sie sollen zwischen 2,5 und drei Millionen Euro liegen. Das Land übernimmt 75 Prozent, die Gemeinde Rehlingen-Siersburg den Rest, Bürgermeister Martin Silvanus sei „im Boot“, sagte Bouillon. Der Gemeinderat muss aber noch zustimmen. „Wir wollen schnellstmöglich bauen“, erklärte Rehlingens Vereins-Chef Thomas Klein.

Mit einer Gesamtsumme von etwa 100 000 Euro sollen weitere Leichtathletik-Anlagen im Saarland auf den neuesten Stand gebracht werden – nämlich die Wurf-Käfige in Merzig, Saarlouis, Sulzbach, St. Wendel und Saarbrücken-St. Johann. „Die Sicherheitsstandards sind in den letzten Jahren deutlich angehoben worden. Unsere Anlagen genügen dem nicht. Viele sind daher stillgelegt“, sagte SLB-Präsident Altmeyer: „Da steckt ein Wahnsinns-Gefahrenpotenzial drin.“ Dies werde nun behoben, um den Leichtathletik-Standort zu stärken. Aktuell hat das Saarland einen Bundesstützpunkt für Mehrkampf und Sprung, ein Antrag für die Erweiterung um den Bereich Wurf läuft. Diesen hatte das Saarland vor fünf Jahren nach dem Weggang von Speerwurf-Bundestrainer Boris Obergföll nach Offenburg verloren.

„Wir sind im Wurf sehr gut aufgestellt“, sagte Altmeyer und nannte Sophie Gimmer, Fabio Hessling (beide Hammerwurf), Tomas Schlegel (Speerwurf) und Valentin Moll (Kugel) als Toptalente für die Zukunft. „Es ist unser Ziel, die eigenen Athleten an die Spitze zu bringen“, sagte Altmeyer. Dazu bedarf es einer guten Infrastruktur, die nun entscheidend verbessert würde, und einer angemessenen Zahl an Trainern. „Wir brauchen noch einen hauptamtlichen Trainer“, sagte Altmeyer. Aktuell gebe es drei im Land, „in Sachsen mit einer vergleichbaren Mitgliederzahl sind es 22“. Bouillon will die Leichtathletik auch hier unterstützen.

Dies hat er auch bei einer weiteren olympischen Kernsportart vor, ist aber von den aktuellen Entwicklungen im Saarländischen Schwimmbund „geschockt“. Denn Landestrainer Hannes Vitense, der eine starke Leistungsgruppe um Olympia-Teilnehmer wie Annika Bruhn und Christoph Fildebrandt, Toptalente wie Marlene Hüther und Celine Rieder und Freiwasser-Spezialisten wie Andreas Waschburger und Sarah Bosslet aufgebaut hat, hat laut Bouillon seinen Vertrag zum Jahresende gekündigt. Offenbar aus familiären Gründen. Vitense ist in Urlaub und war nicht zu erreichen.

Was sein Ausscheiden für den SSB bedeutet, ist noch nicht klar. Bouillon wurde von der Nachricht überrascht. Der SZ hatte er Augenblicke zuvor noch gesagt: „Ich vermag es nicht einzusehen, dass der Chefbundestrainer unsere Leute unter Druck setzt. Ich bin bereit, mit ihm in den Clinch zu gehen.“ Offenbar gibt es konkrete Forderungen von Chefbundestrainer Henning Lambertz, dass Athleten das Saarland verlassen und sich bestehenden Bundesstützpunkten anschließen sollen. Saarbrücken hat keinen, wird auch keinen bekommen. „Trotzdem wollen wir hier eine Möglichkeit finden, die Aufbauarbeit der letzten Jahre fortzuführen“, sagte Bouillon. Inwiefern dieser Zwist mit dem Deutschen Schwimmverband Vitenses Entscheidung beeinflusst hat, war am Freitag unklar.

Über die künftigen Bundesstützpunkte in den einzelnen Sportarten wird aktuell im Zuge der Leistungssportreform des Bundesinnenministeriums und des Deutschen Olympischen Sportbundes deutschlandweit gerungen. Klar ist, dass die Anzahl reduziert werden soll (die SZ berichtete). Eine Entscheidung soll bei der Konferenz der Sportminister (SMK) am 9. und 10. November in St. Wendel fallen. Das Saarland hat 2017 und 2018 den Vorsitz der SMK. Bouillon sitzt bei den Gesprächen mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière und DOSB-Präsident Alfons Hörmann am Tisch, vertritt die Interessen der Bundesländer. Auswirkungen für das Saarland werden nicht ausbleiben, erläuterte Bouillon. Dem Bundesstützpunkt der Ruderer in Saarbrücken drohe das Aus. Das lässt sich trotz der Sport-Offensive im Saarland vermutlich nicht mehr verhindern.

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