Boll, Ovtcharov oder der große Spielverderber

Herning. Timo Boll oder Dimitrij Ovtcharov - für viele Tischtennis-Fans reduziert sich die Europameisterschaft in Dänemark auf eine deutsche Angelegenheit. Der WM-Dritte Boll und der Olympia-Dritte Ovtcharov führen als Nummer eins und zwei die Setzliste bei den Titelkämpfen von heute bis Sonntag in Herning an. Boll möchte seinen sechsten Einzeltitel holen

Herning. Timo Boll oder Dimitrij Ovtcharov - für viele Tischtennis-Fans reduziert sich die Europameisterschaft in Dänemark auf eine deutsche Angelegenheit. Der WM-Dritte Boll und der Olympia-Dritte Ovtcharov führen als Nummer eins und zwei die Setzliste bei den Titelkämpfen von heute bis Sonntag in Herning an. Boll möchte seinen sechsten Einzeltitel holen. "Ich reise nicht nach Dänemark mit dem Ziel, das Halbfinale zu erreichen", kündigt der 15-malige Rekord-Europameister forsch seine Ambitionen an.Das frühe Olympia-Aus im Einzel hat der 31-jährige Linkshänder von Borussia Düsseldorf verarbeitet. Der zweite Platz beim Weltcup vor drei Wochen in Liverpool untermauerte seine starke Form. "Ich habe das Training leicht reduziert, um frisch zu bleiben", berichtet Boll. Der Vielspieler verzichtet auf das Doppel und kann sich ganz auf das Einzel konzentrieren. Erstmals wurde der Team-Wettbewerb aus dem EM-Programm gestrichen. "Ich bin glücklich, dass das Turnier in diesem Jahr nicht ganz so lange geht", kommentiert Boll den neuen Modus einer Kompakt-EM.

Steger an Acht gesetzt

Der Top-Favorit will deshalb erst kurz vor Beginn der Hauptrunde am Freitag nach Jütland reisen. Von den 13 deutschen Teilnehmern müssen nur Patrick Franziska aus Fulda und Sabine Winter aus Kolbermoor in der Qualifikation heute und morgen antreten, Bastian Steger vom 1. FC Saarbrücken ist an Position acht gesetzt und spielt erst ab Freitag. Der zweite deutsche Turnierfavorit Ovtcharov hat sich vorgenommen, bereits heute die Verhältnisse in der Multifunktions-Halle Jyske Bank Boxen zu erkunden - er ist bereit, seinen Freund Boll vom EM-Thron zu stoßen. "Ich habe hart trainiert und viel vor", sagt der 24-Jährige selbstbewusst.

Für Bundestrainer Jörg Roßkopf sind die Voraussetzungen ideal. "Das zeigt, dass wir seit Jahren in Europa dominant auftreten", meint er zu den hohen Setzungen seiner beiden Spitzenspieler. Allerdings warnt Roßkopf auch vor den Konkurrenten, die das deutsche Traumfinale verhindern könnten. Vor allem Dänemarks Lokalmatador Michael Maze ist vor eigenem Publikum besonders motiviert. Der Europameister von 2009 trifft bei einem planmäßigen Verlauf im Halbfinale auf Boll. Zuvor muss Maze aber Bolls Düsseldorfer Clubkollegen Christian Süß und Patrick Baum aus dem Weg räumen.

Titelrennen bei Frauen offen

In der unteren Hälfte wartet der Weißrusse Wladimir Samsonow - im Viertelfinale eventuell Stegers Gegner - als vermeintlich höchste Hürde auf den Olympia-Dritten Ovtcharov. Zusammen peilen Ovtcharov und Samsonow übrigens den Titel im Doppel an (länderübergreifende Paarungen möglich). Von den sieben Herren des Deutschen Tischtennis-Bundes wollte nur der Bronze-Mann aus London auch im Doppel antreten. "Wir haben es den Spielern in dem Jahr mit WM und Olympia freigestellt, Doppel zu spielen. Aus meiner Sicht ist das auch sinnvoll", erläuterte Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig, der auch für die deutschen Damen Medaillenchancen in beiden Disziplinen sieht.

Die an Nummer zwei gesetzte Jiaduo Wu, ihre Kroppacher Clubkollegin Kristin Silbereisen, die EM-Zweite Irene Ivancan (Berlin) oder Zhenqi Barthel (Bingen) sind für einen Podestplatz gut. Nach der Absage von Titelverteidigerin Li Jiao (Niederlande), die in der Bundesliga für den TTSV Fraulautern spielt, ist die Einzel-Konkurrenz diesmal offen. Schimmelpfennig hat seine Spielerinnen in die Pflicht genommen: "Wir fahren nicht zur EM, um unsere Reisekosten zu verbraten." dpa

Hintergrund

 Timo Boll geht wie in den Vorjahren als Topfavorit in die EM in Herning. Foto: Maltsev/dpa

Timo Boll geht wie in den Vorjahren als Topfavorit in die EM in Herning. Foto: Maltsev/dpa

 Dimitrij Ovtcharov hat sich für die Titelkämpfe viel vorgenommen. Foto: Maltsev/dpa

Dimitrij Ovtcharov hat sich für die Titelkämpfe viel vorgenommen. Foto: Maltsev/dpa

 Der Saarbrücker Bastian Steger ist bei der EM an Position acht gesetzt. Foto: Suyk/dpa

Der Saarbrücker Bastian Steger ist bei der EM an Position acht gesetzt. Foto: Suyk/dpa

Die Tischtennis-EM hat abgespeckt. Erstmals wird in diesem Jahr auf die Mannschafts-Wettbewerbe verzichtet. Sie stehen erst 2013 in Wien-Schwechat wieder auf dem Programm. Im dänischen Herning werden die vier Titel im Einzel und Doppel (Damen und Herren) an fünf Tagen ausgespielt. Die jeweils besten 32 Athleten sind automatisch für die Hauptrunde von Freitag bis Sonntag gesetzt. Dazu kommen 32 andere Teilnehmer aus den Qualifikationsrunden heute und morgen. Für das Turnier sind 146 Herren und 119 Damen aus 41 Verbänden gemeldet. dpa

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