Böse Erinnerungen werden wach

Saarlouis · Am Montag gibt die Handball-Bundesliga die Entscheidung ihrer Lizenzierungskommission bekannt. Ein Jahr nach der Posse um den HSV Hamburg droht der HG Saarlouis wieder ein wochenlanges Zitterspiel.

Es ist schon kurios. Erst am 30. Juni 2014, einen Tag vor Beginn der aktuell laufenden Saison 2014/2015, hatte die HG Saarlouis Gewissheit, dass sie in der 2. Handball-Bundesliga bleiben würde. Und einen Tag später, am 1. Juli, als die Runde kalendarisch begonnen hatte, prophezeite Trainer Goran Suton seiner HG eine weitere Runde im Abstiegskampf und befürchtete: "Es wird wieder sehr spannend."

Dass es nun tatsächlich nicht nur spannend, sondern möglicherweise ähnlich nervenaufreibend wie im vergangenen Sommer werden könnte, dürfte Suton nicht gewollt haben. Und auch sonst keiner in Saarlouis . Die HG steht aktuell auf dem ersten Abstiegsplatz und hat noch sechs Spiele, um diesen aus eigener Kraft zu verlassen. Gelingt dies nicht, kann sie nur in der Liga bleiben, wenn ein anderer Verein keine Lizenz erhält. Am Montag wird die Handball-Bundesliga (HBL) die Vereine zunächst per E-Mail über die Entscheidung der Lizenzierungskommission informieren und diese danach öffentlich machen.

Das weckt in Saarlouis vor dem Abstiegs-Gipfel an diesem Samstag gegen Bayer Dormagen (19.30 Uhr/Stadtgartenhalle) böse Erinnerungen. Der sportliche Abstieg in die 3. Liga war besiegelt, als die HBL dem finanziell am Abgrund stehenden Bundesligisten HSV Hamburg die Lizenz verweigerte -am 15. Mai 2014 in erster, am 3. Juni in zweiter Instanz. Damit war klar, dass Bundesliga-Absteiger HBW Balingen-Weilstetten und auch Zweitliga-Absteiger HG Saarlouis gerettet sein sollten. Doch der HSV Hamburg rief das Schiedsgericht an, und dieses kippte am 25. Juni völlig überraschend die vorherigen Entscheidungen, erteilte die Lizenz und gewährte dem Champions-League-Sieger von 2013 eine weitere Frist bis 1. Juli, dem ersten Tag der aktuell laufenden Saison, um finanzielle Sicherheiten vorzulegen.

Die HG Saarlouis , deren personelle Planung durch die wochenlange Posse ohnehin komplett über den Haufen geworfen worden war (zwei potenzielle Neuzugänge sprangen wegen der unsicheren Lage ab), erlebte die schlimmste Woche der jüngeren Vereinsgeschichte. Abstieg oder doch nicht? Verlieren alle Verträge für die 2. Liga plötzlich ihre Gültigkeit? Erst eine einweilige Verfügung, erstritten vor dem Landgericht in Dortmund, wo die HBL sitzt, sicherte am 30. Juni die Zweitliga-Zugehörigkeit. Auch Balingen-Weilstetten durfte trotz der Lizenzerteilung für den HSV in der 1. Liga bleiben.

Und heute? Die HBL hatte nach der heftigen Kritik am Umgang mit dem HSV Hamburg verschärfte Kriterien beschlossen mitsamt der Ankündigung einer strikten Umsetzung. Eine Reihe von Erst- und Zweitligist soll angeblich um die Zukunft bangen. Die HG Saarlouis tut es nicht.

"Wir gehen von der Lizenzerteilung aus, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", sagt Vereins-Chef Richard Jungmann. Auch die personelle Planung der kommenden Runde ist zumindest gedanklich rund. "Wir haben den Kader im Kopf, wissen, wen wir verpflichten wollen", sagt Jungmann. Nur warten die Neuzugänge bis zur Zusage noch auf den Moment des Ligaverbleibs.

Also wieder eine Zitterpartie? Wieder kurzfristige Absprünge? Wieder notgedrungene Planänderungen, die in der darauf folgenden Saison einen erneuten Klassenkampf zur Folge hätten? Jungmann mag sich das nicht ausmalen: "Der beste und einfachste Weg ist, dass wir unsere restlichen Spiele gewinnen und sportlich aus dem Schneider sind." Auf die Ankündigung der HBL, dass bei eventuellen Lizenzverweigerungen für die betroffenen Vereine vor dem letzten Spieltag Klarheit herrschen soll, will sich Jungmann nicht verlassen. Wobei der Termin des 38. Spieltags, am 7. Juni um 17 Uhr in der Stadtgartenhalle gegen Eisenach, ohnehin spät ist - und dicht dran am 1. Juli 2015, dem ersten Tag der neuen Saison.

Zum Thema:

HintergrundDie jüngsten Zwangsabstiege und Lizenzverweigerungen in der Handball-Bundesliga und 2. Bundesliga: 2011: Bundesligist DHC Rheinland steht nach einem Insolvenzverfahren als Zwangsabsteiger fest.2012: Drei Zweitligisten müssen zwangsabsteigen: der DHC Rheinland nach einem erneuten Insolvenzverfahren , der TV Korschenbroich, der den Antrag auf Lizenzerteilung für die kommende Saison zurückzieht, und die HSG Düsseldorf nach einem Insolvenzverfahren .2013: Zweitligist SV Post Schwerin meldet Insolvenz, steht als erster Absteiger fest und spielt die Saison nicht zu Ende.2014: Der HSV Hamburg erhält die Erstliga-Lizenz erst in letzter Instanz nach vorheriger zweimaliger Lizenzverweigerung. Zweitligist HSG Tarp-Wanderup stellt keinen Lizenzantrag für die Saison 2014/2015. red

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort