Blaue Pille fördert offenbarnicht nur die Potenz

Hamburg. Steve wirft Viagra ein - dann legt er los. Es läuft einfach besser mit der kleinen blauen Pille. Und Steve reicht sogar ein Viertel der Tablette, 12,5 Milligramm des Wunder-Wirkstoffs Sildenafil, um schnell in Schwung zu kommen

Hamburg. Steve wirft Viagra ein - dann legt er los. Es läuft einfach besser mit der kleinen blauen Pille. Und Steve reicht sogar ein Viertel der Tablette, 12,5 Milligramm des Wunder-Wirkstoffs Sildenafil, um schnell in Schwung zu kommen. "Ich benutze die kleinen blauen Pillchen schon seit Jahren, 30 Minuten vorm Zehn-Kilometer-Dauerlauf, zwei Mal die Woche", verrät der Hobby-Läufer in einem anonymen Kommentar im Internet. Ohne Viagra bekomme er schon nach fünf Kilometern Seitenstechen und "faule" Muskeln. Für Steve ist also klar: "Bessere Verbrennung durch bessere Sauerstoffzufuhr. Folglich - zumindest für mich - ist Viagra definitiv ein Dopingmittel."Genau darum geht es. Das eigentlich für spezielle Herzkrankheiten entwickelte und heute millionenfach als Potenzpille verschriebene Medikament wird unter Sportlern offenbar immer beliebter. Noch sind die Effekte für die Leistungsfähigkeit von Athleten nicht genügend erforscht. Doch die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) hat das Problem längst erkannt und finanziert mehrere Forschungsprojekte. "Viagra steht bisher nicht auf der Liste der verbotenen Substanzen. Aber wir kennen Studien, in denen die Wirkung von Sildenafil auf die Leistungssteigerung in verschiedenen Höhenlagen erforscht wurde", sagte Wada-Sprecher Frederic Donz&;.Eine Überraschung wäre es nicht, wenn Viagra bald auf der Liste der verbotenen Substanzen, die mindestens einmal im Jahr aktualisiert wird, auftaucht. Vor allem in Höhenlagen soll Viagra die von Hoch-Leistungssportlern gewünschte Wirkung haben: Sildenafil weitet die Blutgefäße und verbessert die Sauerstoffaufnahme des Blutes. Es "erhöht außerdem die Auswurfleistung des Herzens, dadurch können Belastbarkeit und Lebensqualität der Betroffenen deutlich verbessert werden", heißt es in einem wissenschaftlichen Dossier zu Sildenafil.Also mit Viagra in Peking schneller, höher und stärker? Und das ungedopt? "Es ist möglich", meinte Anthony Butch, Direktor des von der Wada akkreditierten Analyselabors in Los Angeles. Unlängst wurden in der Wohnung eines italienischen Radsport-Amateurtrainers gleich 82 Packungen des Potenzmittels gefunden. In Tests mit Radprofis, über die das "Journal of Applied Physiology" bereits vor zwei Jahren berichtet hatte, wurden Leistungssteigerungen von 15 Prozent bei einem Zeitfahren auf 3700 Meter Höhe nachgewiesen.Doch alles hat seinen Preis: Die Warnhinweise auf schädliche bis tödliche Nebenwirkungen der Power-Pille füllen in dem Dossier ganze Seiten. Vier der verschreibungspflichtigen Pillen kosten derzeit in Deutschland 46,16 Euro. Auf dem Schwarzmarkt und im Internet gibt es inzwischen jede Menge Anbieter für "Nachahmerprodukte" wie etwa Silagra oder Apcalis. dpa "Für mich ist Viagra definitiv ein Doping- Mittel."Hobby-Läufer Steve

HintergrundDer Kampf gegen Doping im deutschen Sport wird intensiver. Im Olympia-Jahr 2008 wird allein die Zahl der Kontrollen außerhalb der Wettkämpfe deutlich auf 8000 bis 9000 erhöht. 2007 verzeichnete die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) 4661 Wettkampf-und 4871 Trainingskontrollen. Dabei gab es 72 positive Fälle, 62 innerhalb und zehn außerhalb der Wettkämpfe, wie die Nada gestern in Bonn bekannt gab. Gleichzeitig kündigte die Nada eine Regelverschärfung an, um den Athleten den Leistungsmittelmissbrauch noch massiver zu erschweren. Dies wird bereits jetzt deutlich: Die insgesamt 9532 Kontrollen, die es im vergangenen Jahr gab, bedeuten gegenüber 2006 (8196) eine erhebliche Steigerung. "Für gesunde Athleten und faire Wettkämpfe" - mit dieser Maxime will die Nada ihrer Verpflichtung als Partner des sauberen Sports weiter nachkommen. Dabei kann die Agentur im Jahr 2008 aus Mitteln von 5,5 Millionen Euro schöpfen, 1,7 Millionen Euro mehr als 2007. dpa

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