Blatter kündigt Reformen an

Zürich. Joseph Blatter hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten als Aufklärer geriert. "Null Toleranz" versprach der Präsident des Fußball-Weltverbandes (Fifa). Am Freitag gab die Fifa im Anschluss an die zweitägige Session der Exekutivmitglieder in Zürich einige weit reichende Reformen bekannt

Zürich. Joseph Blatter hat sich in den vergangenen Wochen und Monaten als Aufklärer geriert. "Null Toleranz" versprach der Präsident des Fußball-Weltverbandes (Fifa). Am Freitag gab die Fifa im Anschluss an die zweitägige Session der Exekutivmitglieder in Zürich einige weit reichende Reformen bekannt. Dem Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Theo Zwanziger, kommt dabei eine Hauptrolle zu. Und Franz Beckenbauer ist Vorsitzender der "Arbeitsgruppe Fußball 2014". Diese kann Vorschläge erarbeiten für das "International Board", das alleine Regeländerungen beschließen darf.DFB-Präsident Zwanziger wird die Leitung einer neu eingerichteten Arbeitsgruppe in der Fifa übernehmen. Er wird für die Überarbeitung der Statuten im korruptionsgeschädigten Weltverband verantwortlich sein - es dürfte viel Arbeit auf ihn zukommen. Denn Blatter verkündete einige weit reichende Neuerungen.

So soll künftig der Fifa-Kongress den Gastgeber der Weltmeisterschaft wählen. Bisher hatte das Fifa-Exekutivkomitee den Ausrichter bestimmt, künftig hat dieses nur noch ein Vorschlagsrecht von Kandidaten.

Zudem soll die Fifa-Ethikkommission in eine Untersuchungs- sowie in eine Rechtskommission aufgeteilt werden. Ein dritter, weiterer zentraler Punkt im Umstrukturierungsprozess innerhalb des Weltverbandes soll die Gründung eines Komitees für Unternehmensführung und Regelkonformität werden.

Mit Spannung wurde vor allem auf den Fall ISL geblickt. 2008 waren während eines Strafprozesses gegen die ISL Zahlungen an Fifa-Vorstandsmitglieder zwischen 1989 und 2001 publik geworden. Damit hatte sich die ISL offenbar Marketingrechte gesichert. Völlige Aufklärung gab es nie. Ein Strafgericht stellte das Verfahren im Juni 2008 ein, nachdem die Begünstigten 5,5 Millionen Schweizer Franken an die Fifa zurückgezahlt hatten. Im Gegenzug blieben die Sünder anonym. Bei den Beschuldigten soll es sich um die Exekutivkomitee-Mitglieder Ricardo Texeira (Brasilien), Nicolás Leoz (Paraguay) und Issa Hayatou (Kamerun) handeln. Blatter kündigte nun an, dass im Dezember die Akten offen legt werden. dapd/dpa

Der vergessene Rücktritt

Von SZ-RedakteurMichael Kipp

Die ISL-Akten will Joseph Blatter öffnen, dazu hat er angekündigt, Kommissionen zu gründen, die das System Fifa durchleuchten und Reformvorschläge ausarbeiten sollen. Das hat der Fifa-Chef der nach Reformen lechzenden Öffentlichkeit vorgelegt. Das ist nicht wenig - für Blatter aber zu spät. Zwar werden korrupte Blatter-Vasallen Veröffentlichungen mit Amt und Ehre bezahlen müssen. Vielleicht wird die Fifa auch transparenter, wenn die Arbeit der Kommissionen eine gute ist - und umgesetzt wird. Aber Blatter für die Reformen zu loben, wäre falsch. Warum sollte ausgerechnet er, der seit 13 Jahren das korruptionsanfällige Fifa-System anführt und damit auch mitzuverantworten hat, nun selbiges transparenter und demokratischer machen? Er hätte zurücktreten müssen. Dem Fußball zu Liebe.

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