Blatter gegen Europa: Der Fifa droht die Zerreißprobe

Sao Paolo · Es war eine Demonstration an Machtkalkül und Durchsetzungsvermögen. Joseph Blatter hat beim Fifa-Kongress gezeigt, wie der Weltverband nach seiner Pfeife tanzt. Der 78-Jährige stilisiert sich gar zum Mann der Zukunft.

Nach der Machtdemonstration von Präsident Joseph S. Blatter steht der Fußball-Weltverband Fifa vor einer Zerreißprobe. Ohne Not kanzelte der 78-Jährige in Sao Paulo die Vertreter der Uefa mit einer giftigen Retourkutsche ab, die auch nach der WM in Brasilien noch tiefe Spuren hinterlassen wird. "So etwas Respektloses habe ich noch nicht erlebt", wetterte Blatter nach dem 64. Fifa-Kongress. Der Widerstand aus Europa gegen den Machthunger des Schweizers, der 2015 erneut kandidieren will, hatte ihn tief gekränkt. "Kongress, Du entscheidest, wer diese großartige Institution führen soll. Ich kann sagen, ich bin bereit, dabei zu sein", sagte Blatter mächtig pathetisch. Die Replik von Uefa-Präsident Michel Platini ließ sich nicht lange auf sich warten. "Ich werde Blatter nicht länger unterstützen, das ist vorbei. Ich glaube, die Fifa braucht einen frischen Wind", wurde der einstige französische Weltstar gestern zitiert.

Als die Uefa-Vertreter um Platini gestern längst beim Abendessen saßen oder im Verkehr der Millionenmetropole steckten, hatte sich Blatter seiner Macht versichert: seine Präsidentschaftsambitionen für die Wahl am 29. Mai 2015 wurde mit Applaus gefeiert; die von ihm ungeliebte Beschränkung von Alter und Mandat für Fifa-Ämter wurde abgeschmettert. Seine Delegierten fraßen dem Schweizer auch in Brasilien aus der Hand. Den Mitgliedsverbänden versprach Blatter nun auch vor Publikum neue Millionenzahlungen aus dem gefüllten WM-Geldtopf von 200 Millionen Dollar.

Schließlich verkündete Blatter noch, dass er plötzlich den Video-Beweis im Fußball nicht mehr ausschließt. "Warum geben wir den Trainern nicht die Möglichkeit, zwei Entscheidungen anzuzweifeln, wenn sie anderer Meinung sind?", fragte Blatter - und rief nicht nur beim DFB-Präsidenten Unverständnis hervor. "Die Fifa hat mehrfach unsere Anträge abgelehnt, die völlig unsinnige Dreifachbestrafung abzuschaffen. Einer solchen Maßnahme im Sinne des Fußballs und Fairplay verweigert sich das International Board, stattdessen kommt von Blatter jetzt dieser merkwürdige und unabgestimmte Vorschlag, durch die Hintertür den Videobeweis einzuführen", sagte Wolfgang Niersbach.

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