Blatter denkt nicht an RücktrittStrafrichter Eckert soll jetzt beim Fußball-Weltverband Altlasten wegräumen

Zürich/Berlin. Der stark in die Kritik geratene Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa, Joseph Blatter, denkt nicht an einen Rücktritt. "Wenn der Fifa-Kongress der Meinung ist, dass ich zurücktreten soll, dann tue ich das. Sonst nicht", sagte der 76-Jährige gestern im Anschluss an die Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees in Zürich

Zürich/Berlin. Der stark in die Kritik geratene Präsident des Fußball-Weltverbandes Fifa, Joseph Blatter, denkt nicht an einen Rücktritt. "Wenn der Fifa-Kongress der Meinung ist, dass ich zurücktreten soll, dann tue ich das. Sonst nicht", sagte der 76-Jährige gestern im Anschluss an die Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees in Zürich. "Wenn ich mich immer mit Rücktrittsforderungen beschäftigen würde, dann würde ich mich ja die ganze Zeit ärgern. Von daher lasse ich das."Der Schweizer erklärte, dass er ein "glücklicher Präsident" sei. Das Exekutivkomitee habe Einigkeit bewiesen, die Anstrengungen und Herausforderungen in puncto Reform anzugehen, sagte Blatter. Eine Schlüsselrolle soll dabei der deutsche Richter Joachim Eckert einnehmen. Er übernimmt den Vorsitz der Anklagekammer des neuen, zweigeteilten Ethikkomitees. Zur jüngst publik gewordenen Schmiergeldaffäre sagte Blatter, dass der Fall rechtlich abgeschlossen sei, nun aber durch das neue Ethikkomitee die ethisch-moralische Überprüfung anstehe.

Vergangene Woche waren brisante Akten in der Affäre um Schmiergeldzahlungen des 2001 pleitegegangenen Sportrechtevermarkters ISMM/ISL an ranghohe Fifa-Funktionäre öffentlich geworden. Blatter geriet unter Beschuss, weil die Akten präzise seine Mitwisserschaft an den Zahlungen dokumentieren. Blatter selbst nahm nach Aktenlage aber keine Schmiergeldzahlungen an. Immer wieder wurde der Schweizer gestern von Journalisten auf die Affäre angesprochen. Er wisse von keinen weiteren Zahlungen an Fifa-Funktionäre, beteuerte Blatter.

Dass es in der Fifa weiter viel Aufklärungsbedarf gibt, hatte paradoxerweise Blatter selbst indirekt zugegeben. In der Zeitung "Sonntags-Blick" machte er Andeutungen, dass es bei der Vergabe der WM 2006 an Deutschland nicht mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. Nach starker Kritik aus Deutschland ruderte der 76-Jährige zurück. Solange keine konkreten Beweise vorlägen, dass bei irgendeiner WM-Vergabe etwas schief gelaufen sei, müsse man "an der Rechtmäßigkeit der Wahl festhalten", erklärte er in der "Bild"-Zeitung. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Wolfgang Niersbach, wich daraufhin von seiner Kritik an Blatter ab. "Die erste Reaktion des Präsidenten habe ich für total falsch gehalten, das hat er ja nun geändert", sagte er in Berlin und ergänzte: "Das Wort Rücktritt wird sicherlich keine offizielle Initiative des DFB werden, so anmaßend sollten wir nicht sein. Die Fifa ist ein Verband von 209 Mitgliedsnationen, wir müssen die Gesamtstimmung ausloten." Er sei nun erleichtert, dass Blatter die Dinge zurechtgerückt habe. Niersbachs Vorgänger Theo Zwanziger sagte auf der DFB-Internetseite: "Ich kann nur immer wieder sagen, dass Blatter in diesem Reformprozess die treibende Kraft ist." dapd

München. Joachim Eckert hat schon viele Schmiergeldprozesse hautnah miterlebt. Der Münchner Strafrichter verhandelte in jüngster Zeit beispielsweise Verfahren gegen Ex-Manager der Wirtschaftsgrößen MAN und Ferrostaal. Jetzt soll der 64-Jährige auch beim Fußball-Weltverband Fifa aufräumen. Und zwar als treibende Figur an der Spitze einer neuen Ethikkommission, der er zusammen mit dem amerikanischen Staatsanwalt Michael Garcia vorsitzt. "Die Vorsitzenden der beiden Kammern sind komplett unabhängig", betont Fifa-Präsident Joseph Blatter. Die Fifa werde allen Entscheidungen der neuen Ethikkommission folgen.

Die Entscheidung für Eckert fiel unerwartet. Seit Jahren leitet der erfahrene Jurist die große, auf Wirtschaftssachen spezialisierte 6. Strafkammer des Landgerichts München I. Einen Namen hat sich der Kämpfer gegen Korruption und Steuerbetrug in Fachkreisen längst gemacht. Und will sich doch vorerst nicht zum Fifa-Auftrag äußern. "Auskünfte wird Herr Eckert nur im Rahmen einer Pressekonferenz der Fifa in Zürich geben, deren Termin noch nicht feststeht", hieß es gestern im Landgericht.

Eckert ist ein gestählter Mann in Strafsachen: in den frühen 90er Jahren erst als Staatsanwalt, wo er für Steuerdelikte, Wirtschaftsstrafsachen und organisierte Kriminalität verantwortlich war, später dann als Richter. Eckerts Tätigkeit als Münchner Richter werde durch die Arbeit für die Fifa "nicht tangiert", teilte das Landgericht mit. dpa

Foto: Fifa

Auf einen Blick

Die Fifa hat sich im Bestechungsskandal eine Einmischung durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) verbeten. "Das IOC soll sich zunächst seine eigenen Sachen anschauen", sagte der Anti-Korruptions-Beauftragte der Fifa, Mark Pieth, der "Sport Bild" in einem Interview. Nach den Enthüllungen in der Schmiergeld-Affäre hatte das IOC angekündigt, sich am Wochenende bei einer Sitzung in London mit dem Skandal beim Fußball-Weltverband beschäftigen zu wollen. dpa

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