Trostlose Lage in Hamburg „Bevor die Uhr ausgeht, jagen wir euch durch die Stadt“

Hamburg · Der Hamburger SV kommt nach dem 1:2 gegen Leverkusen dem Abstieg immer näher. Und auch die Anhänger meutern.

 Mit der Gesamtlage unzufrieden: Hamburgs Kyriakos Papadopoulos (rechts) hadert mit Gotoku Sakai über den Spielverlauf.

Mit der Gesamtlage unzufrieden: Hamburgs Kyriakos Papadopoulos (rechts) hadert mit Gotoku Sakai über den Spielverlauf.

Foto: dpa/Christian Charisius

Die Hoffnung stirbt schon jetzt. Der Hamburger SV hat nach der 1:2-Heimpleite gegen Bayer Leverkusen und dem zehnten sieglosen Spiel in Serie kaum noch Argumente für den Verbleib im Fußball-Oberhaus. Die schlechteste Bilanz in der Geschichte des Dauer-Bundesligisten mit läppischen 17 Punkten nach 23 Spielen und ein Rückstand von sechs Zählern auf den Relegationsplatz – da werfen zahlreiche Fans ihren Optimismus über Bord.

Was einst Zuneigung war, wird Wut. Eine Drohung per Spruchband lautete: „Bevor die Uhr ausgeht, jagen wir euch durch die Stadt.“ Chaoten von der Nordtribüne wollten sogar den Platz stürmen. Ordner konnten sie aber davon abhalten. „Da wurde eine Grenze überschritten. Das können wir nicht tolerieren“, monierte Sportchef Jens Todt und fasste die Ergebnisse auf Rasen und Tribünen zusammen: „Das ist ein schwerer Tag für uns.“

Die meisten Spieler hatten keine Lust, die neuerliche Pleite zu erklären. Einer der Erfahrensten musste ran. „Die Enttäuschung ist riesengroß und wächst von Woche zu Woche“, gestand Mittelfeldspieler Aaron Hunt. Der Tabellenvorletzte HSV ist die schlechteste Mannschaft der Rückrunde mit Mitleid erregenden zwei Pünktchen. Selbst der Tabellenletzte Köln hat acht Zähler in der gleichen Zeit gesammelt. Hunt rief die Fans auf, ihre Wut zu zügeln: „Die Unzufriedenheit ist natürlich verständlich. Aber das sollte sich in Grenzen halten. Es bringt nichts, wenn da Leute den Platz stürmen.“

Zweifel am Erfolg seiner Rettermission will Trainer Bernd Hollerbach nicht aufkommen lassen. „Ich habe keine Angst. Ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse“, sagte der Franke. „Ich bin trotzdem überzeugt, dass wir es schaffen. Aufgeben ist keine Option.“ Nur zwei Punkte hat er in vier Spielen geholt. Jetzt geht es nach Bremen, dann kommt der FSV Mainz 05.

Hollerbach war von der lange Zeit zögerlichen, ängstlichen Spielweise gegen die Leverkusener, für die Leon Bailey mit seinem neunten Saisontor (40. Minute) und Kai Havertz (50.) trafen, selbst entsetzt. „Wir haben uns nichts getraut, haben schlampig gespielt“, analysierte er. Erst mit dem Anschlusstor von André Hahn ergriffen Selbstbewusstsein und Mut die Mannschaft. Warum sie sich 70 Minuten in Lethargie geflüchtet hatte, konnte auch der 48 Jahre alte Trainer nicht ergründen. „Mag sein, dass der eine oder andere junge Spieler Probleme mit der Situation hat“, vermutete er.

Für Vorstandschef Heribert Bruchhagen wird es immer ungemütlicher. Das zeigte sich gestern auch bei der Jahreshauptversammlung des Gesamtvereins, bei der Bernd Hoffmann (55) zum neuen Präsidenten gewählt wurde. Der Diplom-Kaufmann, schon von 2003 bis 2011 HSV-Vorstandsvorsitzender, setzte sich mit 585 Stimmen und damit 25 mehr gegen Amtsinhaber Jens Meier durch.

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