Besser ohne als mit Ribéry?

Ribeirão Preto · Franck Ribéry ist zwar auf Ibiza in Urlaub, bei der Weltmeisterschaft in Brasilien bleibt der Bayern-Star aber ein Dauerthema. Eben weil die Franzosen ohne den 31-Jährigen unerwartet stark aufspielen.

Franck Ribéry vergnügt sich mit Familie und Freunden auf Ibiza, doch auch 8500 Kilometer entfernt ist der Bayern-Star ständig präsent. Der Medizinerstreit um den Münchner Patienten ist zwar im französischen WM-Quartier offiziell beendet, die Diskussion über seinen "Beitrag" zum Höhenflug der "Blauen" aber noch lange nicht.

"Früher hieß es, Frankreich sei von Ribéry abhängig", sagte der bekannte französische Radiomoderator und Autor Daniel Riolo, "das ist lange her. Das Fehlen des Bayern-Spielers ist das Beste, was dieser Mannschaft seit 2006 passiert ist." Nach zwei überzeugenden Siegen mit 8:2 Toren scheint sich vor dem dritten Gruppenspiel heute (22 Uhr/ARD ) gegen Ecuador mehr und mehr die Meinung durchzusetzen, dass der 31-Jährige seiner Nationalmannschaft am meisten durch seine Abwesenheit hilft.

76 Prozent der Fans meinten in einer Umfrage der Sportzeitung L'Équipe, dass wegen Ribérys WM-Aus aufgrund chronischer Rückenschmerzen der dreifache WM-Torschütze Karim Benzema so aufblühe. Das Spiel der "Blauen", die im Viertelfinale auf die deutsche Mannschaft treffen könnten, sei weniger vorhersehbar ohne den Münchner, Torgefahr gehe nun von vielen aus, hieß es nach dem grandiosen 5:2 gegen die Schweiz in zahlreichen Kommentaren im Internet.

"Ribérys Abwesenheit macht vielleicht mehr Schlagzeilen, als seine Anwesenheit hervorgebracht hätte", urteilte die Tageszeitung Ouest France: "Er hat seit sechs Monaten nicht mehr brilliert, er wurde im Grunde durchgeschleppt."

Trainer Didier Deschamps schweigt zu dieser Diskussion. Als er nach der Gala gegen die Eidgenossen von einem ausländischen Journalisten danach gefragt wurde, antwortete er überhaupt nur, "weil Sie kein Franzose sind". Um dann zwar zu reden, aber doch nichts zu sagen: "Ribéry ist nicht dabei, das wissen wir schon lange. Wir haben 23 Spieler, die hier sind."

Einzig Verbandspräsident Noël Le Graët deutete im französischen Quartier in Ribeirão Preto vorsichtig an, dass der Bundesliga-Legionär in der Verfassung der vergangenen Monate keine Hilfe gewesen wäre. "Er war seit zwei, drei Monaten gehandicapt", sagte der Boss und empfahl Ribéry, "zwei sehr ruhige Monate zu verbringen und bei Bayern auf sein Niveau zurückzukehren".

In Frankreich wird der Bayern-Star noch immer als einer der Rädelsführer beim "Fiasko von Knysna", dem Spielerstreik bei der WM 2010 in Südafrika, wahrgenommen. Ohne ihn ist der Schnitt bei der Équipe Tricolore noch gravierender. Lediglich vier Spieler von damals sind übrig: Torwart Hugo Lloris, Ersatzspieler Bacary Sagna, Rechtsaußen Mathieu Valbuena und als einziger Knysna-Hauptdarsteller der damalige Kapitän Patrice Evra .

Trotz der starken ersten WM-Auftritte brauche Frankreich in Zukunft Ribéry, glaubt dagegen Ex-Nationalspieler Johan Micoud . "Für mich wird er immer enorm wichtig für das französische Team sein, er wird bald zurück sein", sagte der frühere Bremer: "In den letzten Jahren war er Frankreichs Schlüsselspieler, und er ist noch immer einer der besten Spieler der Welt. Niemand sollte das so schnell vergessen."

Der Weg zurück zu den "Blauen" ist generell frei, seit Verbandsboss Le Graët den Medizinerstreit um Ribéry offiziell beendet hat (die SZ berichtete). "Es gibt keine Querelen", sagte er und kündigte an: "Er wird sicher zurückkommen. Es wird noch viele Spiele mit der französischen Mannschaft geben."

saarbruecker-zeitung.de/

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Auf einen BlickDie französische Nationalmannschaft kann bei der WM ab sofort auf ganz besonders liebevolle Unterstützung bauen. Die Spielerfrauen sind am Zuckerhut angekommen und werden ihren Männern ab dem letzten Gruppenspiel gegen Ecuador im Stadion die Daumen drücken. Die Damen dürfen bis zum Finale bleiben, sofern Frankreich so weit kommt. Ludivine Sagna, Ex-Model und Partnerin von Abwehrspieler Bacary Sagna, schwärmte vom neuen Geist in der Mannschaft. Dort herrsche "ein unglaublicher Zusammenhalt", sagte die 25-Jährige: "Wir sind stolz darauf, unsere Männer spielen zu sehen. Sie können weit kommen. Warum sollten sie nicht den Titel gewinnen?" sid

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