Besorgnis erregende Dominanz

Köln · Die Diskussion über „spanische Verhältnisse“ in der Fußball-Bundesliga steckt in einer Sackgasse. Die DFL zieht sich aus der Schusslinie, sieht einzig die Uefa in der Pflicht, doch schnelle Entscheidungen gibt es nicht.

Ruhe bewahren, Selbstvertrauen zeigen - und die Uefa in die Pflicht nehmen: Nach Tagen hitziger Diskussionen über "spanische Verhältnisse" zeichnet sich in der Fußball-Bundesliga allmählich ein einheitliches Stimmungsbild ab. Der scheinbar erdrückenden und sogar für Uli Hoeneß Besorgnis erregenden Dominanz von Bayern München und Borussia Dortmund ist demnach liga-intern nicht beizukommen.

"Klar ist: Auf nationaler Ebene lassen sich die enormen Erlöse in der Champions League nicht ausgleichen", sagte DFL-Chef Christian Seifert: "Natürlich muss sich die Uefa Gedanken machen, wie es weitergehen soll. Denn es ist offensichtlich, dass sie durch ihren derzeitigen Verteiler massive Eingriffe vornimmt mit Blick auf die nationalen Wettbewerbe."

Die Uefa hat das Problem erkannt. Schnelle Gegenmaßnahmen werden aber nicht ergriffen, zumal Uefa-Präsident Michel Platini in Fragen der Europacup-Reform einen Schlingerkurs fährt. Zunächst wollte er die Champions League von 32 auf 64 Clubs aufstocken, nun soll es eher eine Stärkung der Europa League geben.

Kritik von Bruchhagen

Für Heribert Bruchhagen, Vorstandsvorsitzender von Eintracht Frankfurt und DFL-Vorstandsmitglied, ist auch Karl-Heinz Rummenigge für den Status quo verantwortlich. "Der Präsident der europäischen Klubvertretung ECA ist nun einmal Karl-Heinz Rummenigge, und von dort wurde die Stärkung der Champions League gestützt", sagte Bruchhagen.

Seiferts Appell an die Uefa sieht Bruchhagen auch taktisch bedingt. Er müsse "einen Spagat vollführen", die Liga international vermarkten und gleichzeitig die Chancengleichheit wahren. "Der erste Punkt gelingt ihm hervorragend, weil Bayern und Dortmund so erfolgreich sind. Was den zweiten Punkt angeht, müssen Clubs im Mittelfeld der Tabelle immer höheres Risiko eingehen, um wettbewerbsfähig zu bleiben."

Seifert habe allerdings "nicht ganz recht", einzig die Uefa in die Pflicht zu nehmen. "Aus 420 Millionen Euro an TV-Geldern werden 628 Millionen Euro. Alle kriegen mehr, aber die, die oben stehen, kriegen mehr vom Mehr", sagte Bruchhagen.

Unterdessen mehren sich die Stimmen, die trotz Kantersiegen am Fließband durch Bayern und den BVB zur Besonnenheit mahnen. Bayer Leverkusens Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser verwies auf wechselnde Vorherrscher in der jüngeren Liga-Geschichte - mit dem Platzhirsch aus München als einzige Konstante. "Um die Jahrtausendwende hatten wir Bayern München und Bayer Leverkusen, die die Liga dominiert haben. Das gab es auch mal mit Werder Bremen und jetzt Borussia Dortmund. Die Bundesliga lebt immer noch glänzend, und es bleibt dabei", sagte Holzhäuser: "Wir sollten froh sein, dass wir mit Dortmund und Bayern zwei Vereine haben, die europäisch mithalten. Das bedeutet dann halt auch, dass die Bundesliga zeitweise dominiert wird."

Staunen über Hoeneß

Dass Uli Hoeneß die Diskussion ins Rollen gebracht hat, sorgt noch immer für Erstaunen. "Ehrlich: Ich hätte nie erwartet, dass Uli diese Problematik anspricht. Er hat das doch mit Hartleibigkeit jahrzehntelang andersherum erzählt", sagte Bruchhagen: "So langsam dämmert es ihm."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort