Para-EM der Leichtathleten in Berlin Rehm trumpft auf und kämpft um Anerkennung

Berlin · Nach seinem eindrucksvollen Weltrekord-Satz auf 8,48 Meter brüllte Markus Rehm vor Freude, bis er ganz heiser war. Beim anschließenden Siegerinterview versagte dem 30-Jährigen fast die Stimme. Rehm hatte bei der Para-EM im Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark für einen der Höhepunkte gesorgt – und erneut beste Werbung für seinen großen Traum vom Start bei einer internationalen Meisterschaft betrieben.

Denn nur allzu gerne hätte der überragende deutsche Prothesenspringer sein Können auch vor zwei Wochen bei der Leichathletik-EM im Berliner Olympiastadion gezeigt. Doch um ein Startrecht bei großen Wettkämpfen kämpft der Leverkusener weiterhin vergeblich. Die Vorbehalte gegenüber der Öffnung für Behindertensportler sind in der Leichtathletik noch immer groß. Und das, obwohl Rehm außer Konkurrenz starten und in erster Linie eine Weitsprung-Show abliefern möchte. Seine Sieger-Weite von Samstag, ein Zentimeter über seiner bisherigen Bestmarke und damit neuer Weltrekord, hätte theoretisch sowohl bei der EM als auch bei der WM im Vorjahr die Goldmedaille bedeutet.

Als Rehm 2014 überraschend als erster Para-Athlet deutscher Meister bei den Nicht-Behinderten geworden war, hatte dies eine intensive Debatte ausgelöst. Letztlich kam ein wissenschaftliches Gutachten zu dem Schluss, dass Rehms Leistungen durch seine High-Tech-Prothese nicht mit denen olympischer Springer vergleichbar sind. Ein Umstand, den Rehm längst akzeptiert hat. Sein Anliegen ist ein anderes.

„Mir geht es nicht um Medaillen, sondern um das Signal“, sagte Rehm: „Ich bin Para-Sportler. Meine Medaillen gewinne ich hier.“ Mit einem gemeinsamen Start von paralympischen und olympischen Athleten könne man aber Barrieren in den Köpfen abbauen, erklärt er. Es wäre ein gesellschaftliches Zeichen für einen offeneren und toleranteren Umgang mit Behinderungen.

Bei deutschen Meisterschaften darf Rehm inzwischen wieder starten, seine Ergebnisse fließen dort in eine getrennte Wertung ein. Bei EM, WM und Olympia ist er dagegen außen vor – offiziell, weil der Weltverband IAAF seinen Fall noch abschließend beraten muss. Nicht unwahrscheinlich, dass einige in der IAAF fürchten, eine Rehm-Show könnte auch außer Konkurrenz die Leistungen der „normalen“ Springer entwerten. Laut aussprechen tut dies natürlich niemand. „Ich hoffe einfach“, meinte Rehm, „dass wir jetzt darüber reden und in Zukunft nie wieder, weil es ganz normal geworden ist.“

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