Beachtennis Das Comeback des Becker-Hechts

Schwalbach · Der Schwalbacher Beach-Tennis-Spieler Oliver Schleich hechtet von Erfolg zu Erfolg. Kaum nominiert, schlug der deutsche Meister der U 14 mit dem Junioren-Nationalkader bei der WM in Moskau auf – und landete auf Rang sieben.

 Oliver Schleich (hier bei den Open in Saarlouis im vergangenen Jahr) ist eines der großen Beach-Tennis-Talente in Deutschland.

Oliver Schleich (hier bei den Open in Saarlouis im vergangenen Jahr) ist eines der großen Beach-Tennis-Talente in Deutschland.

Foto: imago/Claudio Gärtner/Claudio Gärtner

Er war Markenzeichen, Sieg-Garant und Schicksal zugleich: Den „Becker-Hecht“ kennt Oliver Schleich nur von alten Filmaufnahmen. Als Boris Becker die Massen einst mit akrobatischen Flugeinlagen begeisterte, war der 14 Jahre alte Schwalbacher noch nicht geboren. Dann aber ging alles ganz schnell. „Ich habe als Fünfjähriger Fußball gespielt und mit acht Jahren mit Tennis angefangen. Ich hatte direkt Spaß und schnell Erfolg“, erinnert sich der deutsche Beach-Tennis-Meister U 14.

Das spektakuläre und riskante Serve-and-Volley-Spiel war quasi bereits ausgestorben. Technisch perfekte Grundlinien-Spezialisten dominierten die Center-Courts. Oliver gewann Turniere und Saarlandmeister-Titel – aber die endlosen Rückschlag-Marathons waren irgendwie nie sein Ding. „Ich spiele lieber offensiv mit kurzen Ballwechseln. Ich vermisse das total“, outet sich Oliver als Fan der Bumm-Bumm-Boris-Attacken.

Nach krachendem Aufschlag ans Netz stürmen, Rückschläge im seitlichen Sinkflug entschärfen – oder brutal passiert werden. Die Alles-oder-Nichts-Angriffe des dreifachen Wimbledon-Champions werden heute kaum noch praktiziert. „Schade“, fand Oliver und zog um, von der Asche in den Sand. Bei der Premiere der deutschen Meisterschaften in Quierschied machte er 2017 spontan mit – und siegte mit Fynn Krämer auf Anhieb. Es war Liebe ab den ersten Schlag. „Ein Jahr später haben wir den Titel verteidigt, ohne großes Training“, erzählt Oliver.

Nachdem er im März in Stuttgart beim Sichtungslehrgang des Deutschen Tennis-Bundes (DTB) ins Nationalteam berufen wurde, sieht man ihn eigentlich nur noch selten mit bespanntem Schläger auf Asche oder Rasen – dafür immer öfter mit Carbon-Paddle im tiefen Sand. Anfang Juli jagte Oliver den drucklosen Filzkugeln bei den Weltmeisterschaften in Moskau nach und erreichte mit der DTB-Auswahl Rang sieben.

„Die Nominierung kam überraschend. Im Vorfeld habe ich in Berlin mit Maraike Biglmaier trainiert, der neuen Nummer eins in der Welt. Über unseren Erfolg bei der WM habe ich mich sehr gefreut“, verrät der Schüler des Robert-Schuman-Gymnasiums, der auch bei den Aktiven locker mithält.

Bei zwei internationalen ITF-Turnieren in Reutlingen gewann der 14-Jährige mit Partner Martin Schaale die Nebenrunden. 2018 schlug er bei der Männer-DM im Hauptfeld auf. Und auch zu Hause wirbelt er demnächst wieder durch den Sand: Ab dem 21. August will sich Schleich in Saarlouis auf dem Kleinen Markt mit der Weltelite messen. Beim größten deutschen ITF-Turnier, den „Beach-Tennis Open Saarlouis“, baut er auf den Heimvorteil. „Das Erreichen des Viertelfinales wäre ein toller Erfolg. Es kommt aber auf die Auslosung an“, schätzt er die Chancen realistisch ein. Erfolg ist ungewiss, Partystimmung sicher. „Fairness und Lockerheit auf und neben dem Platz, Musik und Urlaubsfeeling im Sand – mir gefällt die Atmosphäre. So etwas habe ich beim Tennis noch nicht erlebt“, schwärmt Schleich.

 Oliver Schleich

Oliver Schleich

Foto: Schleich

Spaß-Garant Nummer eins ist der butterweiche Untergrund. Er verleitet zu tollkühnen Aktionen. Beckers Bruchlandungen in Paris oder Wimbledon ruinierten dessen Gelenke. Olivers abenteuerliche Bauchklatscher tun überhaupt nicht weh und machen gute Laune. „Man kann durchaus von einem Comeback von Serve-and-Volley reden. Ich würde mir wünschen, dass unser Sport irgendwann olympisch wird“, sagt Schleich und verneigt sich vor dem Altmeister. „Der Becker-Hecht muss sein. Er gehört im Beach-Tennis einfach dazu.“

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