Bayer muss eine bittere Pille schlucken
Leverkusen · Champions League: Nach der 2:4-Pleite gegen Atlético klammern sich die Beteiligten an die wenigen positiven Aspekte.
Nachdem er das Champions-League-Gesicht seiner Mannschaft gesehen hatte, war Diego Simeone bestens gelaunt. Der sonst so akribische und energische Trainer von Atlético Madrid flachste im Kabinentrakt gelöst mit Bayer-Sportdirektor Rudi Völler und ließ sich sein breites Grinsen auch von Schönheitsfehlern wie den zwei Gegentoren beim 4:2 (2:0)-Erfolg bei Bayer Leverkusen nicht nehmen. "Wir haben das taktisch perfekt und intelligent gemacht. Wir haben das Spiel des Gegners gut gelesen", lobte Simeone nach der Demonstration der Stärke an einem verregneten Dienstagabend.
Bei Bayern konnte niemand die Ernüchterung verbergen. Doch trotz der aussichtslosen Lage waren alle Leverkusener um Optimismus bemüht. "Man muss sehen, wie wir zurückgekommen sind. Das war außergewöhnlich. Man sieht, wie viel Leben und wie viel Mut in der Mannschaft stecken", sagte Bayer-Trainer Roger Schmidt.
Doch mit Courage allein wird das erneute Ausscheiden gegen den Vorjahresfinalisten Atlético, an dem Bayer vor zwei Jahren auch in der ersten K.o.-Runde gescheitert war, im Rückspiel am 15. März kaum zu verhindern sein. Nach der Lehrstunde ging es aber vor allem auch darum, sich den jüngsten Aufschwung in der Bundesliga durch die Siege gegen Frankfurt und in Augsburg nicht zu zerreden. Also zog jeder die positiven Aspekte aus einem Spiel, das den 29 300 Zuschauern in der BayArena vor allem in der ersten Halbzeit einen Klassenunterschied offenbarte.
"Wir haben uns noch mal toll gewehrt und am 3:3 geschnuppert. Am Schluss haben sie uns dann noch einmal richtig wehgetan", sagte Rudi Völler. Mit Blick auf das Rückspiel fügte der Bayer-Sportdirektor an: "Ich habe im Fußball schon so viel erlebt. Wir werden nicht nach Madrid fahren, um uns freiwillig zu ergeben."
Kleine Wunder sind im modernen Fußball auf diesem Niveau jedoch selten. Bayer gelang so eines 1988, als Bum-Kun Cha, Tita, Klaus Täuber und Co. ein 0:3 bei Espanyol Barcelona im Rückspiel egalisierten und sich im Elfmeterschießen den Uefa-Cup holten.
"Man hat gesehen, dass wir eine sehr junge Mannschaft sind", sagte Nationalspieler Julian Brandt (20), der mit Benjamin Henrichs (19) und Teenager Kai Havertz (17) die Jugend-Fraktion bildet. Leverkusen war "zu naiv" (Brandt) und "zu nervös" (Henrichs), der Champions-League-Finalist von 2014 und 2016 abgezockt und eiskalt. Grobe Bayer-Fehler, vor allem von 15-Millionen-Zugang Aleksandar Dragovic, nutzten die Gäste zu einem 2:0 durch Saul Niguez (17. Minute) und Antoine Griezmann (25.). Die Leverkusener Lichtblicke durch Karim Bellarabi (48.) und das Eigentor von Stefan Savic (68.) beantwortete das Simeone-Team eiskalt durch Kevin Gameiro (58., Foulelfmeter) und Welt- und Europameister Fernando Torres (86.).
"Wir hätten noch das 3:3 machen können", sagte Brandt mit Blick auf die Szene, in der Atlético-Verteidiger Filipe Luis einen Schuss von Chicharito vor der Torlinie wegschlug. Aber dem Olympiazweiten fiel es auch schwer, vor dem Rückspiel Zuversicht zu demonstrieren: "Wir spielen auswärts und haben vier Tore kassiert", sagte er.
"Atléti", in der Liga abgeschlagen und im Pokal ausgeschieden, legt den Fokus in dieser Saison noch stärker auf die Champions League. Angepeilt ist bei der durch tiefe Enttäuschung angestachelten Elf nach zwei Finalniederlagen gegen Stadtrivale Real natürlich der große Wurf. Für Bayer steht am Samstag das Heimspiel gegen dem FSV Mainz 05 an. Mit einem Sieg kann Leverkusen den Rückstand auf die internationalen Plätze weiter verkürzen.