Ballack muss bei Löw antanzen

Berlin. Joachim Löw zitiert seinen Kapitän zum Rapport nach Deutschland. Über Konsequenzen für Michael Ballack (FC Chelsea) will der Bundestrainer nach dem Vier-Augen-Gespräch entscheiden

 Joachim Löw (links) zitiert Michael Ballack zu sich. Foto: dpa

Joachim Löw (links) zitiert Michael Ballack zu sich. Foto: dpa

Berlin. Joachim Löw zitiert seinen Kapitän zum Rapport nach Deutschland. Über Konsequenzen für Michael Ballack (FC Chelsea) will der Bundestrainer nach dem Vier-Augen-Gespräch entscheiden. Er scheint vor einer harten Strafe, gar Suspendierung nicht zurückzuschrecken, falls Ballack auf Konfrontationskurs bleibt: "Es hat kein Spieler, auch nicht der Kapitän, das Recht, in Sachen Aufstellung od er Personalpolitik den Trainer zu kritisieren oder öffentlich Stimmung gegen das Trainerteam zu machen." DFB-Präsident Theo Zwanziger gibt Löw Rückendeckung für jede Entscheidung. Und: Man wolle mit ihm nach der WM 2010 weiterarbeiten.

Das Bild der Nationalelf bekommt Kratzer: Zwar ist sie auf dem Weg zur WM 2010. Aber Konflikte stören immer öfter. "Es ist sicher nicht von Vorteil, wenn man wieder so eine Diskussion hat mit Trainer und Kapitän", sagt Miroslav Klose (Bayern München). Nach dem 0:1 im EM-Finale gegen Spanien waren Ballack und Manager Oliver Bierhoff aneinander geraten. Kevin Kuranyi (Schalke) flüchtete in der Pause des WM-Qualifikationsspiels gegen Russland (2:1), weil er nicht spielte. Und jetzt denkt Torsten Frings (Werder Bremen) an Rücktritt, weil er auf der Bank saß. Ballack setzt sich für seinen langjährigen Wegbegleiter ein und warnt vor einem überstürzten Umbruch im DFB-Team. Er fühlt sich und langjährige Stützen wie Frings oder Klose zu Unrecht in Frage gestellt: "Das ist der Trend, den ich seit Wochen beobachte. Dass versucht wird, Spielern ans Bein zu pinkeln." Ballack sieht in einem zu heftigen Umbruch sein Ziel gefährdet: "Ich will mit dieser Mannschaft Weltmeister werden." Spieler müssten von sich aus in Führungsrollen wachsen. Man sollte sie nicht drängen. Zwar sei es okay, wenn Löw fordert, junge Spieler sollten mehr Druck machen: "Wir dürfen das Spiel aber nicht zu weit treiben."

Löw setzt seit nach der EM stärker aufs Leistungsprinzip. Torwart Jens Lehmann legte er den Rücktritt nahe. Frings setzte er trotz Erfahrung aus 78 Länderspielen auf die Bank. Es gebe aber genug Beispiele, "wo Spieler immer wieder Rückendeckung bekommen haben. Schauen Sie sich Klose an". Am ihm hielt er vorm Finnland-Spiel trotz Kritik fest. Klose traf beim 3:3 drei Mal.

Löw weiß im jetzigen Streit um die Gefahr für den Mannschafts-Frieden. Er sagt: "Mangelnden Respekt lassen wir uns als Trainerteam niemals vorwerfen. Offenbar hat sich in unseren Reihen so eine Stimmung breitgemacht, dass man Respekt automatisch mit Stammplatz-Garantie verbindet." Ex-DFB-Teamchef Franz Beckenbauer ist da deutlicher: "Das ist ein Mimosenhaufen geworden, das ist schier unglaublich. Die sollen ihren Mund halten und Fußball spielen."

Meinung

Leistung statt Jammern

Von SZ-Redakteur

Marcus Kalmes

Der "liebe Jogi" muss das Problem Ballack beheben. Und zwar so, dass seine Autorität nicht leidet. Es ist die schwerste Aufgabe in Löws Zeit als Bundestrainer. Gegner ist die Nummer zwei in der Hierarchie nach ihm selbst: der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft.

Löw erhält Hilfe von DFB-Boss Zwanziger und Beckenbauer, der sagt: Die Mimosen sollen die Klappe halten und Leistung zeigen. Er hat Recht.

Ballack fällt zuletzt mehr durch Verletzungen, weniger durch Leistung auf - die zeigt er allzu oft nur beim FC Chelsea: In vielen wichtigen Länderspielen ließ er seine Klasse vermissen. Frings hat wie Ballack Verdienste um die DFB-Elf. Aber auch er unterliegt dem Leistungsprinzip. Weder demontierte noch demütigte Löw Frings: Die Zeiten, in denen sich die Nationalelf mangels Alternativen von allein aufstellte, sind vielmehr vorbei. Dass Ballack als Kapitän Frings nun hilft, ist okay. Dass er Kritik Löw nicht persönlich sagt, ist nicht okay. So wirkt es wie Klüngelei unter alten Kumpanen. Er hätte besser an Frings' Ehre appelliert, statt den oft geforderten Einbau junger Spieler zu kritisieren.

Die Ersatzbank verhindern kann jeder selbst. Mit Leistung und Einstellung, wenn es darum geht, das Trikot mit dem Adler und nicht das des Geldgebers zu tragen. Auch für verdiente Nationalspieler gilt: Leistung statt Jammern.

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