Aus der Traum

Melbourne · Wimbledon-Finalistin Sabine Lisicki ist bei den Australian Open gestern überraschend in der zweiten Runde ausgeschieden. Nach gutem Beginn riss bei der Berlinerin im heißen Melbourne völlig der Faden.

 Sabine Lisicki verlässt nach ihrem überraschenden Zweitrunden-Aus die Margaret-Court-Arena in Melbourne. Fotos: Irham/dpa

Sabine Lisicki verlässt nach ihrem überraschenden Zweitrunden-Aus die Margaret-Court-Arena in Melbourne. Fotos: Irham/dpa

Auf wackligen Beinen verließ Sabine Lisicki die Margaret-Court-Arena. Die Mittagshitze in Melbourne hatte sie weich gekocht, der Kopf wollte, doch der Körper spielte nicht mehr mit. Mit 6:2, 2:6 und 2:6 verlor Lisicki in der zweiten Runde der Australian Open gegen die Rumänin Monica Niculescu und fand anschließend kritische Worte für die Organisatoren des Grand-Slam-Turniers. "Die Schiedsrichter übernehmen die Entscheidung, ob bei dieser Hitze gespielt werden kann", sagte die Wimbledon-Finalistin: "Ich kann nur sagen, was jeder sieht: Spieler und Ballkinder übergeben sich und kollabieren. Es gibt einen Punkt, an dem es zu heiß wird, um Sport zu treiben."

Der Hitze nicht gewachsen

Dieser Punkt war bei Lisicki spätestens Mitte des zweiten Satzes gekommen, "als mich die Hitze getroffen hat". 40 Grad im Schatten zeigte das Thermometer am zweiten Tag nacheinander. Eigentlich ist Lisicki hohe Temperaturen aus ihrer Wahlheimat Florida gewohnt. Doch diesmal ging ihr die Kraft aus. Dabei hatte die Weltranglisten-15. eineinhalb Sätze lang "richtig gut gespielt", hatte das Konterspiel ihrer Gegnerin gelesen und im richtigen Moment mit ihrem Kraft-Tennis geantwortet. Bis zum 2:1 im zweiten Satz sei sie so aufgetreten, "wie ich es sollte". Ihre Teilzeit-Trainerin Martina Hingis, die in der Box neben Lisickis Lebensgefährten Oliver Pocher saß, hatte sie auf Niculescus trickreiche Slicebälle vorbereitet.

Mit der Hitze nahm im zweiten Satz aber auch Lisickis Fehlerquote zu. Die Statistiken zeigten später: Insgesamt 56 Mal im gesamten Spiel verschlug sie einfache Bälle, Niculescu unterliefen dagegen nur 18 Fehler. Die zehnminütige Pause vor dem dritten Satz, Teil der "Extreme Heat Policy", die bei hohen Temperaturen in Melbourne in Kraft tritt, brachte kaum Erholung.

Nach dem Spiel bekannte Lisicki: "Natürlich ist die Fitness ein wichtiger Teil, aber jeder verträgt die Hitze anders. Wir sind hier in Australien, und wer mit diesen Temperaturen besser zurecht kommt, steht in der zweiten Woche." Dass ihr zunehmend öffentliches Leben seit der Liaison mit Komiker Pocher die Fokussierung auf das Sportliche behindere, wollte Lisicki so nicht stehen lassen, wenngleich sie zugeben musste, der Herausforderung an diesem Tage nicht gewachsen gewesen zu sein. Und während eine der Konkurrentinnen ihren eigenen Traum vom Grand-Slam-Titel leben wird, ist Lisicki längst wieder zurück in der Heimat. Aus dem australischen Hochsommer nimmt sie die Gewissheit mit, härter an sich arbeiten zu wollen: "Bei mir sind es mehrere Kleinigkeiten, die man zusammenpuzzeln muss."

Hingis würde ihr helfen

Und das soll am liebsten mit der fünfmaligen Grand-Slam-Siegerin Hingis geschehen. "Sie hat uns hier sehr geholfen", sagte Lisicki: "Es hat uns beiden Spaß gemacht. Wir werden uns die Tage zusammensetzen und uns unterhalten. Ich würde gerne mit ihr weiterarbeiten." Sinnvoll wäre die Kombination, zumindest mit Blick auf Lisickis spielerische Entwicklung. Die 24-Jährige schlägt hart, ist ständig auf dem Weg nach vorne und bestrebt, die Ballwechsel so kurz wie möglich zu halten. Die langjährige Weltranglisten-Erste Hingis zeichnete dagegen eine hohe Spielintelligenz aus, mit der sie sich erfolgreich dem Kraft-Tennis der Williams-Schwestern entgegen stellte. Ein wenig mehr Hingis täte Lisicki auf dem Platz gut. Auch, was die Erfolgsbilanz angeht.

 Teilzeit-Trainerin Martina Hingis (links) und Komiker Oliver Pocher unterstützen Sabine Lisicki aus der Trainer-Box – vergebens.

Teilzeit-Trainerin Martina Hingis (links) und Komiker Oliver Pocher unterstützen Sabine Lisicki aus der Trainer-Box – vergebens.

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Auf einen BlickDie deutschen Tennis-Profis Angelique Kerber, Mona Barthel und Florian Mayer haben den Hitzetest bei den Australian Open bestanden und die dritte Runde erreicht. Kerber, die deutsche Nummer eins, bezwang die Russin Alla Kudrjawzewa mit 6:4 und 6:2. Barthel siegte mit 4:6, 6:3 und 6:4 gegen Luksika Kumkhum aus Thailand. An seine körperlichen Grenzen musste Mayer gegen den Russen Michail Juschni gehen, ehe er mit 6:4, 3:6, 6:3, 3:6 und 6:3 gewann.Ausgeschieden sind neben Sabine Lisicki gestern auch Annika Beck und Julia Görges. Beck war beim 1:6 und 2:6 gegen die ehemalige Weltranglisten-Erste Ana Ivanovic aus Serbien chancenlos. Görges, die in der ersten Runde mit einem Sieg gegen Sara Errani (Italien) überrascht hatte, verlor gegen die Amerikanerin Lauren Davis mit 5:7, 6:2 und 4:6. dpa

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