Aufschwung unter einem Star aus Kroatien

Baku · Berti Vogts verließ Aserbaidschan im Zorn, unter Robert Prosinecki erlebt das Team eine Renaissance.

 Trainer Robert Prosinecki hat Erfolg. Foto: Braastad/dpa

Trainer Robert Prosinecki hat Erfolg. Foto: Braastad/dpa

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Mitte Oktober 2014 hatte Berti Vogts die Nase voll. "Die denken nur an ihre Kohle und tun nichts dafür", schimpfte der ehemalige Bundestrainer über seine Spieler aus Aserbaidschan: "Das kann ich nicht mitmachen." Das 0:6 gegen Kroatien hatte das Fass zum Überlaufen gebracht, Vogts schmiss hin, das Land stürzte auf Platz 126 der Weltrangliste ab.

Jetzt, vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Weltmeister Deutschland an diesem Sonntag (18 Uhr/RTL) in Baku, wird die "Milli" genannte Auswahl auf Rang 89 notiert. Unter Vogts' Nachfolger, dem ehemaligen kroatischen Weltklassemann Robert Prosinecki, spielt sie "die beste Quali ihrer Geschichte", wie Bundestrainer Joachim Löw richtig feststellte. Von der Sensation will Prosinecki aber nicht träumen. Klar, das Spiel im mit über 60 000 Zuschauern voll besetzten, vor zwei Jahren fertiggestellten Nationalstadion werde "ein Spektakel", sagte er: "Hier wollen alle den Weltmeister sehen." Und falls die Mannschaft nicht verlieren sollte, würde das Land "explodieren". Aber: "Normalerweise kommt Deutschland und löst die Aufgabe ganz professionell."

Prosineckis Realismus ist gut begründet. Zwar liegt die "Milli" mit sieben Zählern in Gruppe C gleichauf mit dem Zweiten Nordirland auf Rang drei. Doch gegen den EM-Teilnehmer gab es zuletzt eine 0:4-Packung. Und: Am Sonntag stehen voraussichtlich noch sieben Spieler in der Startelf, die Vogts vor zweieinhalb Jahren als Abzocker beschimpft hatte.

Prosinecki schreibt sich aber auf die Fahne, die Mentalität der Spieler verändert zu haben. "Sie glauben an sich und an uns", sagte der in Schwenningen geborene Trainer, der Deutschland schon einmal überraschte: 1998 in Frankreich schaltete er die DFB-Elf um Trainer Vogts mit einer goldenen kroatischen Generation im Viertelfinale der WM aus (3:0). "Das ist so, als würde sich heutzutage ein kleiner Verein gegen Real Madrid oder Barcelona durchsetzen. Aber wir haben es geschafft", sagte er.

Dafür, dass nun irgendwann Vergleichbares gelingt, investiert das erdölreiche "Land des Feuers" am Kaspischen Meer viel - auch in Wissen aus Deutschland. Seit 2008, als Vogts angetreten war, kooperiert der Verband mit dem DFB. Mit Bernhard Lippert, einst Amateurtrainer bei Eintracht Frankfurt, ist ein Deutscher technischer Direktor, deutsche Trainer wie Eckhard Krautzun helfen. Fußball hat Schach und Ringen als populärste Sportart abgelöst.

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